Kindersoldat:innen helfen!
Nach internationalen Schätzungen gibt es weltweit zwischen 100.000 und 250.000 Mädchen und Jungen, die als Kindersoldat:innen in Bürgerkriegen und bewaffneten Konflikten eingesetzt werden. Die meisten von ihnen sind zwangsrekrutiert, entweder von staatlichen Armeen oder von Rebellenverbänden.
Definition
Eine völkerrechtlich verbindliche Definition gibt es bis heute nicht. Die Pariser Prinzipien, die anlässlich einer Konferenz auf Einladung von UNICEF und der französischen Regierung 2007 in Paris entwickelt wurden, definieren „Kindersoldat“ als:
„Jede Person unter 18 Jahren, die von nationalen Streitkräften oder nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen rekrutiert oder benutzt wird oder wurde, egal in welcher Funktion oder Rolle, darunter Kinder, die als Kämpfer, Köche, Träger, Nachrichtenübermittler, Spione oder zu sexuellen Zwecken benutzt wurden. Dies sind nicht nur Kinder, die aktiv an Kampfhandlungen teilnehmen oder teilgenommen haben.“
Diese Definition haben 105 Staaten unterzeichnet, auch Deutschland gehört dazu. Plan International schließt sich ebenfalls dieser Definition an.
Kinder und Krieg
Kinder sind im Krieg direkt oder indirekt die am stärksten betroffene und gleichzeitig am häufigsten übersehene Bevölkerungsgruppe. Kinder werden verletzt, getötet, verlieren ihre Eltern oder Geschwister, werden vertrieben, entführt, missbraucht oder sexueller Gewalt ausgesetzt.
Mit ihren traumatischen Erlebnissen bleiben sie meist allein. Die Zerstörung ihrer Heimat führt dazu, dass sie weder zur Schule gehen noch eine gesundheitliche Versorgung oder psychologische Betreuung erhalten können. Viele Kinder und Jugendliche jeglichen Geschlechts laufen Gefahr, von kämpfenden Truppen rekrutiert und als Kindersoldat:innen eingesetzt zu werden.
Ja, ich möchte Kindern helfen!
Wo gibt es Kindersoldat:innen?
2022 dokumentieren die Vereinten Nationen in mehr als 20 Ländern bewaffnete Konflikte und Bürgerkriege, in denen Kinder rekrutiert wurden: Afghanistan, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo, Indien, Israel und die Palästinensergebiete, Jemen, Kamerun, Kolumbien, Libanon, Lybien, Mali, Myanmar, Niger, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Somalia, Südsudan, Sudan, Syrien, Tschad sowie die Zentralfrikanische Republik.
Diesen Bericht veröffentlichen die Vereinten Nationan jährlich. Doch es ist davon auszugehen, dass die genaue Anzahl der rekrutierten Kindersoldat:innen weitaus höher ist. Es ist schwer, die reale Zahl weltweit zu dokumentieren.
Wie werden Kinder zu Kindersoldat:innen?
Die wenigsten Kindersoldat:innen in Afrika, Asien oder Lateinamerika kämpfen aus Überzeugung. Sie werden meist bei Überfällen auf ihre Dörfer, auf dem Schulweg oder in der Schule entführt und zwangsrekrutiert. Andere lassen sich von falschen Versprechungen locken. Es gibt auch Kinder, die sich „freiwillig“ melden, weil sie keine Perspektive habe und hoffen, bei den Militärs versorgt zu werden oder in der bewaffneten Einheit Sicherheit zu finden.
Für alle gilt jedoch: Sobald sie den bewaffneten Gruppen angehören, haben sie den Befehlen und Gesetzen der Truppe zu gehorchen. Widersetzen sie sich, drohen ihnen Strafen in Form von Misshandlung, Vergewaltigung oder Hinrichtung.
Dauern Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen über einen längeren Zeitraum an, werden immer jüngere Kinder rekrutiert. Schon Kinder im Alter von sieben oder acht Jahren werden als Kindersoldat:innen vergewaltigt, misshandelt oder gezwungen, schwere Lasten zu tragen.
Die Unterhaltskosten für Kindersoldat:innen sind günstiger, zudem sind sie leichter einzuschüchtern als Erwachsene. Häufig geben Regierungs- und Oppositionskampfgruppen an, sie würden nur auf Kinder zurückgreifen, weil es an erwachsenen Soldat:innen fehle. Oft jedoch ist die Tatsache, dass sich gerade Kinder und junge Erwachsene leichter manipulieren und zum Töten anstiften lassen, der Grund.
Mädchen in bewaffneten Konflikten
Auch Mädchen werden rekrutiert. In einigen Ländern beträgt ihr Anteil ein Drittel und mehr. Sie kämpfen, kochen, rauben, tragen Lasten und kümmern sich um die Verwundeten und Kranken. Viele sind an der Rekrutierung und Einweisung von anderen Kindersoldat:innen beteiligt.
Mädchen und junge Frauen sind in besonderem Maße sexualisierter Misshandlung ausgesetzt. Sie werden häufig von Anführern als „Ehefrau“ geholt. Die meisten von ihnen werden sexuell missbraucht. Misshandlungen und sexualisierte Gewalt stellen nicht nur eine extreme körperliche und psychische Belastung für die meist sehr jungen Mädchen dar, sondern beinhalten auch hohe gesundheitliche und soziale Risiken. Hierzu gehören ungewollte Schwangerschaften, und sexuell übertragbare Krankheiten.
Viele werden nach einer gelungenen Flucht aus der Truppe von ihren Familien und Gemeinden ausgegrenzt. Sie gelten als schmutzig und entehrt und als Schande für die Familie. Viele müssen sich ohne familiäre Unterstützung und die nötigen Mittel allein versorgen, für ihr Leben lang.
Mitglied einer bewaffneten Truppe zu sein und im Kampf aktiv zu sein, führt teilweise zu Rollenveränderungen, die von Mädchen und jungen Frauen auch positiv bewertet werden können. Viele fühlen sich den Männern gleichgestellt und erfahren mehr Selbstsicherheit und Wertschätzung, weil sie mit den Männern zusammen im Krieg für gemeinsame Ideale kämpfen.
Ja, ich möchte Kindern helfen!
Internationale Abkommen: Hilfe für Kindersoldat:innen
Die UN-Kinderrechtskonvention und das zweite Zusatzprotokoll über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten legt das Mindestalter zur Teilnahme an Kampfhandlungen auf 18 Jahre fest und verpflichtet die Staaten, mehr zum Kinderschutz zu unternehmen. Die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) definiert eine Rekrutierung im Alter von unter 18 Jahren als eine der schwersten Formen der Kinderarbeit.
Dennoch bleibt die geschätzte Zahl der weltweit eingesetzten Kindersoldat:innen im Krieg seit Jahren konstant. Auch wenn Staaten das Zusatzprotokoll unterschrieben und ratifiziert haben, stellt die Umsetzung eine große Herausforderung dar. Mit der Unterzeichnung eines Abkommens und der Ratifizierung von Verträgen ist es jedoch national und international möglich, Verantwortliche bei Missachtung strafrechtlich für die begangenen Kinderrechtsverletzungen zu belangen.
Internationale Abkommen zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten
- UN-Kinderrechtskonvention 1989
- 2. Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention 2002
- Maputo Deklaration 1999
- Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) 1999
- Resolutionen des UN- Sicherheitsrates (zahlreiche, zuletzt: 2601 (Oktober 2021))
- Afrikanische Kinderrechtscharta (OAU 1999)
- Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs 2002, Art. 8
So hilft Plan International
Wir streben eine dauerhafte Verbesserung der Lebensbedingungen von benachteiligten Kindern und Jugendlichen in Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas an.
Wir stellen ihre Rechte und ihre aktive Beteiligung in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Die UN-Kinderrechtskonvention mit ihren Zusatzprotokollen bilden die Grundlage unserer Programmarbeit. Der Ausbruch von bewaffneten Konflikten ist meist mit extremen Kinderrechtsverletzungen in dem Land verbunden.
Aufklärung über die Kinderrechte und der Einsatz für deren Umsetzung hat für uns und unsere Partnerorganisationen einen hohen Stellenwert. Bildungsprogramme für ehemalige Kindersoldat:innen, Projekte zur Reintegration in ihre Gemeinden und die psychosoziale Betreuung der betroffenen Kinder und Jugendlichen jeglichen Geschlechts sind daher wichtige Bausteine. Sie erhalten Hilfe, die schlimmen Erlebnisse aufzuarbeiten und ein neues Leben zu beginnen. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung sehr wichtig.