Hamburg, 18.12.2018 –
Die Bundesregierung engagiert sich politisch und finanziell zu wenig, um auch die politische Teilhabe von Mädchen und jungen Frauen in Entwicklungsländern zu stärken. Das ist das Ergebnis des Mädchenberichts 2018 der Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland, der heute im Bundestag vorgestellt wurde. Dafür wurden 30 OECD-Geber (29 Länder und die EU) danach untersucht, was ihre Regierungen für die Stärkung der politischen Beteiligung von Mädchen und jungen Frauen tun. Die Analyse zeigt: Nur 0,13 Prozent der gesamten öffentlichen Entwicklungsgelder aus Deutschland (21,8 Mio. USD) werden für Projekte verwendet, die die Teilhabe und damit Gleichberechtigung von Mädchen fördern. Mit diesem Ergebnis liegt Deutschland weit unter dem OECD-Durchschnitt von 0,46 Prozent und landet im Vergleich auf Platz 19 von 30 Geberländern. Vorbildlich schneiden Schweden, Finnland und Norwegen ab - ihr prozentualer Anteil ist mindestens zehnmal so hoch.
Maike Röttger, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland: „Gleichberechtigung ist die Voraussetzung für nachhaltige Armutsbekämpfung. Dafür müssen wir schon den Mädchen eine Stimme geben. Nur wenn sie sich aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben beteiligen können und eigenverantwortlich entscheiden dürfen, werden sie die Politik entscheidend beeinflussen und eigene Rechte einfordern. Sie können sich effektiv wehren gegen Kinderehe, Frühschwangerschaft oder Genitalverstümmelung.“
Bisher liegt der Schwerpunkt der Förderung von Gleichberechtigung auf der wirtschaftlichen Stärkung von Frauen oder der Bekämpfung sexueller Gewalt. Andere wichtige Bereiche werden zu sehr übersehen - wie die Möglichkeit junger Frauen, am politischen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und damit Einfluss auf die Entscheidungen zu nehmen, die ihre Lebenssituation nachhaltig verbessern können. Plan International fordert die Bundesregierung deshalb auf, ihre finanzielle Unterstützung für die politische Teilhabe von Mädchen und jungen Frauen deutlich auszuweiten. „Wir wollen erreichen, dass mindestens 200 Millionen Euro pro Jahr aus dem Entwicklungshaushalt in Gleichberechtigungs-Projekte fließen“, sagt Maike Röttger. „Langfristig sollte sich die Bundesregierung an Ländern wie Kanada orientieren. Die Regierung Trudeau hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2022 mindestens 15 Prozent der gesamten öffentlichen Entwicklungsgelder für Gleichberechtigung auszugeben.“
Ebenso wichtig wie eine ausreichende Finanzierung ist es, das Geld zielgerichtet einzusetzen. Plan fordert deshalb, dass die Bundesregierung Mädchen und junge Frauen als eigene Zielgruppe betrachtet. Dafür müssen nach Alter und Geschlecht getrennte Daten erhoben werden, weil Mädchen mit anderen Problemen zu kämpfen haben als erwachsene Frauen. Mädchen müssen zudem aktiv an der Planung, Durchführung und Evaluierung von Projekten zur Förderung der Gleichberechtigung beteiligt werden - zum Beispiel durch Schulungen, die Schaffung von Netzwerken oder Ausklärungskampagnen zu Stereotypen und Rollenklischees. „Nur so kann sichergestellt werden, dass nicht an ihnen vorbei geplant wird und ihre Anliegen auch zum Tragen kommen“, betont Maike Röttger.
Mit gutem Beispiel voran gehen Schweden und Kanada. Beide Staaten verfolgen explizit eine feministische Außenpolitik, indem sie Botschafterpositionen zunehmend mit Frauen besetzen, Vermittlerinnen in Friedensprozessen beteiligen oder Themen wie politische Teilhabe, ökonomische Rechte von Frauen oder sexuelle Gewalt in Konflikten in den Fokus ihrer Arbeit stellen.
Der Report kann heruntergeladen werden unter:
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