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Grafik zu Spannungsfeld Männlichkeit
12.06.2023

Junge Männer heute - Rollenbild von gestern

Hamburg, 12. Juni 2023 – Deutschland ist in der jungen Generation immer noch weit entfernt von echter Gleichberechtigung. Jeder zweite junge Mann sieht sich in der Rolle des Ernährers der Familie – oft auf Kosten der Frau. Jeder Dritte wird gegenüber Frauen schon mal handgreiflich, um ihnen Respekt einzuflößen und ebenfalls die Hälfte der jungen Männer in Deutschland ist der Überzeugung, dass Männer schwach und angreifbar seien, wenn sie Gefühle zeigten. Das sind die zentralen Ergebnisse der repräsentativen Umfrage „Spannungsfeld Männlichkeit - So ticken junge Männer zwischen 18 und 35 in Deutschland“ der Kinderrechtsorganisation Plan International Deutschland, an der jeweils 1.000 Männer und Frauen teilgenommen haben.

„In diesen Tagen jährt sich das Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes zum 65. Mal. Während sich die rechtliche Lage in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr verbessert hat, überrascht es, dass gerade bei den jungen Männern in Deutschland die traditionelle Rollenverteilung tief verwurzelt ist”, sagt Kathrin Hartkopf, Sprecherin der Geschäftsführung von Plan International Deutschland. „Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen, dass sich in großen Teilen unserer Gesellschaft der Wandel hin zu einem gerechten und gleichberechtigten Zusammenleben aller Menschen bislang nicht vollzogen hat. Es ist die Aufgabe von uns allen, diesen Wandel gemeinsam voranzutreiben.”

Laut der Umfrage sind 52 Prozent der Befragten der Meinung, dass vor allem die Partnerin für die Haus- und Erziehungsarbeit zuständig sei. Fast genauso viele finden es wichtig, in der Beziehung oder der Ehe das letzte Wort bei Entscheidungen zu haben. 39 Prozent der jungen Männer möchten zudem, dass ihre Partnerin die eigenen beruflichen Ambitionen zurückstellt, um den Männern den Rücken freizuhalten.

Besorgniserregend hoch ist die Akzeptanz beim Thema Gewalt in der Partnerschaft in der jungen Generation. Für ein Drittel (33 Prozent) ist es akzeptabel, wenn ihnen bei einem Streit mit der Partnerin „gelegentlich die Hand ausrutscht“. Ebenso werden 34 Prozent der befragten Männer gegenüber Frauen schon mal handgreiflich, um ihnen Respekt einzuflößen.

Ein hoher Anteil der 18- bis 35-Jährigen in Deutschland schadet sich mit dem traditionellen Rollenverständnis allerdings auch selbst. 70 Prozent der Befragten geben an, persönliche Probleme selbst zu lösen, ohne andere um Hilfe zu bitten. Die Hälfte der Befragten (53 Prozent) sagt, es sei ihnen unangenehm, über Gefühle zu reden. Das mache sie schwach und angreifbar. Das Ausmachen von Problemen mit sich selbst hat Folgen: Fast zwei Drittel (63 Prozent) fühlen sich manchmal traurig, einsam und isoliert.

Wie tief verwurzelt das traditionelle Rollenverständnis zwischen Mann und Frau in weiten Teilen der jungen Generation ist, zeigt sich auch in der Sexualität: So sagen 51 Prozent der Männer, sie möchten keine Beziehung mit einer Frau eingehen, die viele Sexualpartner hatte. Gleichzeitig reizt es aber 38 Prozent der Befragten, mit so vielen Frauen wie möglich Sex zu haben.

Kathrin Hartkopf: „Viele dieser Themen sehen wir bereits seit Jahren in unserer Projektarbeit, über die wir junge Männer ermutigen, sich von schädlichen Männlichkeitsbildern zu verabschieden, die etwa dazu führen, dass Mädchen zu früh verheiratet werden und nicht zur Schule gehen können. In Diskussionen um Gleichberechtigung ging es lange hauptsächlich um die Emanzipation von Mädchen und Frauen. Aber auch Jungen und Männer müssen sich kritisch mit gesellschaftlichen Vorgaben für Männlichkeit auseinanderzusetzen, damit sie ihr Leben frei von einschränkenden Geschlechterrollen gestalten können. Und damit sie sich gemeinsam mit Mädchen und Frauen für Gleichberechtigung einsetzen. Der Weg dahin ist nur gemeinsam zu schaffen, über Austausch, Kommunikation und gegenseitiges Verständnis.”

Auffallend ist auch, wie viele junge Männer intolerant gegenüber homosexuellen Männern sind: So fühlen sich 48 Prozent der befragten Männer gestört, wenn andere Männer in der Öffentlichkeit ein Verhalten zeigen, das mit Schwulsein in Verbindung gebracht wird. 42 Prozent sagen, dass Männer, die verweichlicht oder feminin wirkten „schon mal einen Spruch“ abkriegten.

Die überwältigende Mehrheit der Befragten ist mit sich und ihrem Männerbild im Reinen und glaubt, so zu sein, wie ein Mann aus ihrer Sicht sein sollte (88 Prozent). Dennoch empfinden die 18 bis 35-jährigen Männer in Deutschland fast ausnahmslos Veränderungsdruck (95 Prozent) - offenbar ausgelöst von den Erwartungen der Frauen. Die Ergebnisse zeigen nämlich, dass die Mehrheit der befragten Frauen (77 Prozent) deutlich höhere Ansprüche an Männer hat. Sie finden, dass schon so viel über Gleichberechtigung geredet wurde, dass jeder Mann inzwischen wissen sollte, welches Verhalten diesbezüglich von ihm erwartet wird.

Den vollständigen Bericht sowie eine Zusammenfassung finden Sie hier: https://www.plan.de/maennlichkeit

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