Für eine gleichberechtigte Berichterstattung im Sport setzt sich auch Nina Probst, Gründerin der Plattform sportfrauen.net ein. Im Interview sprechen wir mit ihr über die Hintergründe:
Plan International: Findet heute schon eine gleichberechtigte Berichterstattung durch die Medien über den Sport statt?
Nina Probst: Es fällt auf, dass die Berichterstattung über Frauen im Sport deutlich hinter der Berichterstattung über ihre männlichen Kollegen zurückfällt. Große Medienhäuser und auch die Sportmedien berichten vordergründig über die Wettkämpfe und Erfolge von männlichen Sportlern. Dabei gibt es natürlich auch positive Beispiele aus dem Frauensport, im Teamsport ist hier z.B. die Frauen-Fußball-Bundesliga zu nennen, die deutlich mehr Aufmerksamkeit erhält als andere Frauenteamsportarten. Und auch in der Leichtathletik wird relativ gleichberechtigt über Frauen- und Männer berichtet. Dennoch bekommen die Frauen insgesamt deutlich weniger Aufmerksamkeit. Das wollen wir ändern und haben deshalb sportfrauen.net ins Leben gerufen, um auch den Sportlerinnen eine größere Plattform zu bieten.
Ein Unterschied in der Berichterstattung beispielsweise auch in der Art und Weise, wie über den Frauensport berichtet wird. In den letzten Jahren hat hier aber bereits ein Umdenken stattgefunden und die sportlichen Erfolge stehen immer mehr im Mittelpunkt der Berichterstattung. Und das ist auch gut so, denn die Sportlerinnen möchten gar nicht unbedingt nur als Frau, sondern vielmehr als Sportlerin wahrgenommen werden.
Warum sind denn gerade die geschlechterspezifischen Unterschiede in der Berichterstattung rund um den Sport problematisch?
Je weniger berichtet wird, desto weniger sind die Sportlerinnen bekannt. Wenn man sich z.B. im Freundeskreis umhört, dann fallen den meisten deutlich weniger Namen von Sportlerinnen als von Sportlern ein. Für die Sportlerinnen hat diese geringere Aufmerksamkeit dann z.B. auch zur Folge, dass sie, weil sie weniger bekannt sind, größere Schwierigkeiten haben, Sponsoren zu finden und somit ihren Sport bzw. ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
Ein weiterer Effekt ist, dass es weniger Aufmerksamkeit für weibliche Vorbilder gibt, denen Mädchen nacheifern und nach denen sie z.B. ihre eigene Sportart auswählen. Viele Jungs träumen davon, wie ein bestimmter Fußballer zu werden. Weibliche Vorbilder gibt es im Sport viel weniger, da sie in den Medien nicht dieselbe Plattform wie ihre männlichen Kollegen bekommen und somit auch weniger präsent für junge Mädchen sind. Die träumen also eher davon, wie Thomas Müller zu werden, anstatt ein Idol wie Alexandra Popp zu benennen.
Was muss sich ändern?
Aktuell ist der Sportjournalismus, wie die gesamte Sportbranche, sehr männlich geprägt – und diese Männer berichten in der Summe mehr über Männer. Es wäre wünschenswert, dass sich viel mehr Frauen in den Sportjournalismus wagen, auch um mit bestehenden Vorurteilen aufzuräumen und durch inhaltliche Kompetenz überzeugen. Ich habe es selbst erlebt, als ich im Lokaljournalismus im Fußball berichtet habe. Es ist nicht selten vorgekommen, dass männliche Kollegen mich schon bei den ersten Schritten am Spielfeldrand skeptisch beäugt haben oder mir grundlegende Regeln erklären wollten und mir somit direkt Kompetenz abgesprochen haben.
Allerdings ist dies nicht nur ein Thema im Sportjournalismus, sondern spiegelt sich z.B. auch in der Anzahl an Frauen in Führungspositionen in Vereinen und Verbänden wieder. Ein Beispiel findet sich auch hier wieder in der Fußballbundesliga: in 36 Profi-Clubs findet sich mit Sandra Schwedler als Aufsichtsratsvorsitzende vom FC St. Pauli nur eine Frau in Top-Führungspositionen. Auch hier kann ein entscheidender Beitrag zur Gleichberechtigung im Sport geleistet werden.
Was kann Sport denn bzgl. Gleichberechtigung leisten?
Der Sport hat in der Gesellschaft eine Vorbildfunktion. Denn auch wenn sich nicht alle für Sport interessieren, wird doch vieles, was im Sport passiert, als Norm angesehen.
Das Beispiel für gelebte Geschlechtergerechtigkeit im Sport findet sich im Rollstuhlbasketball. In dieser Sportart spielen Frauen und Männer in gleichberechtigten Teams und treten gemeinsam in einer Liga an. Auch die Berichterstattung über eine solche Sportart kann dazu beitragen, dass Kinder dieses gleichberechtigte Miteinander in ihr Weltbild und ihren Alltag übernehmen. Diese Kraft des Sports muss genutzt werden. Das Potenzial ist groß, hier einen Beitrag zu Gleichberechtigung in vielerlei Hinsicht zu schaffen.
Wo setzt ihr mit sportfrauen.net an?
Optimal wäre, wenn alle Medien gleichberechtigt über Frauen und Männer im Sport berichten. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg und deshalb haben wir mit sportfrauen.net ein Portal geschaffen, welches Sportlerinnen sportartübergreifend eine Plattform in der deutschen Sportlandschaft gibt.
Die Sportlerinnen werden z.B. in Interviews und Portraits vorgestellt, bekommen eine größere Aufmerksamkeit als bisher, können dadurch zu Vorbildern in ihrem Sport und für junge Mädchen werden und bekommen zusätzlich eine Plattform, über die sie durch die verstärkte Aufmerksamkeit auch selbst für Sponsoren, Vereine oder mögliche Arbeitgeber interessanter werden. Darüber hinaus verstehen wir uns als Newsportal, in dem über die Erfolge und Wettkämpfe im Frauensport berichtet wird. All dies bündeln wir bei uns und haben damit ein bisher einzigartiges Portal in der Berichterstattung über den Frauensport geschaffen.