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Lara aus dem Plan-Jugendbeirat
07.03.2019 - von Plan Redaktion

„Mitreden und erleben, welche Versprechen gehalten werden“

Lara (19) engagiert sich seit zwei Jahren im Plan-Jugendbeirat für die Rechte von Kindern und Jugendlichen. Zurzeit absolviert sie einen weltwärts-Freiwilligendienst für Frieden und Bildung im mazedonischen Skopje. Warum sie sich insbesondere mit dem Thema Entwicklungsfinanzierung beschäftigt, erzählt sie im Interview.

Warum engagierst du dich im Plan-Jugendbeirat?

Der Jugendbeirat gibt mir die Möglichkeit, die Welt, in der ich leben möchte, mitzugestalten und mich für Themen einzusetzen, die mir am Herzen liegen. Ich lerne viel und kann mit inspirierenden jungen Menschen zusammenarbeiten.

In meinem Engagement für Plan International mache ich die Erfahrung, dass ich als junger Mensch gehört und ernst genommen werde. Ich möchte, dass diese Erfahrung eine Selbstverständlichkeit für Kinder und Jugendliche weltweit wird. Nicht nur haben wir laut der internationalen Kinderrechtskonvention ein Recht darauf an Entscheidungen beteiligt zu werden die uns betreffen, sondern es steckt auch ein enormes Potential dahinter, wenn die Stimmen von Kindern und Jugendlichen gehört werden. Denn wir brauchen beides für die Entwicklung unserer Gesellschaft: Lebenserfahrung ebenso wie Optimismus und die Bereitschaft neue Wege auszuprobieren, Realismus ebenso wie Idealismus und Visionen. Ich glaube, dass wir Kinder und Jugendliche oft die große Stärke haben, nicht an Grenzen zu glauben oder diese zumindest austesten zu wollen und wir brauchen eine Gesellschaft, in der Grenzen überwunden werden und Brücken gebaut. Ich glaube daran, dass Kinder und Jugendliche nicht nur eine bessere Zukunft für alle sondern auch eine lebenswertere Gegenwart mitgestalten können, wenn sie dazu befähigt werden. 

  

Was interessiert dich am Thema Entwicklungsfinanzierung?

Das Thema interessiert mich sehr, weil sich daran zeigt, welche Versprechen die Politik auch wirklich hält. Deutschland hat sich mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen verpflichtet, zur Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele weltweit beizutragen und sich für eine Welt einzusetzen, in der Menschenwürde geachtet, unser Planet geschützt, Globalisierung gerecht gestaltet, Gleichberechtigung umgesetzt, Frieden gestärkt und in Partnerschaft gearbeitet wird. Dafür sind Veränderung in vielen verschiedenen Handlungsfeldern nötig: in der Wirtschaftspolitik, in der internationalen Zusammenarbeit, in der Bildungspolitik etc. Entwicklungspolitik ist ein wichtiges Instrument, um das Ziel der Agenda 2030, niemanden zurückzulassen, umzusetzen.

Anhand der Finanzierungszusagen wird deutlich, wie es mit der Bereitschaft der Bundesregierung aussieht, sich wirklich für diese Ziele einzusetzen und damit in unsere Zukunft zu investieren. Ich finde es wichtig, das zu beobachten und mitzureden. Schließlich geht es dabei um Investitionen in unsere Zukunft.

  

Wie beurteilst du den verabschiedeten Bundeshaushalt und die geplanten Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit?

Im November 2018 hat der Bundestag den Bundeshaushalt für das Jahr 2019 verabschiedet und damit auch die Ausgaben für Entwicklungsfinanzierung beschlossen. 

Im Haushalt für 2019 ist ein Zuwachs der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit zu verzeichnen. 2019 soll in absoluten Zahlen so viel Geld für Entwicklungs¬zusammenarbeit ausgeben werden, wie noch nie zuvor: 10,2 Milliarden Euro. Das ist eine sehr positive Entwicklung.

Dennoch gibt es Luft nach oben. Bereits im Jahr 1972 haben die Vereinten Nationen beschlossen, dass wohlhabendere Staaten wie Deutschland jährlich 0,7% ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit ausgeben sollen. Deutschland hat sich also verpflichtet, jährlich 0,7 Prozent des Brutto¬nationaleinkommens für Entwicklungszusammen¬arbeit auszugeben. Deutschland hat dieses 0,7%-Ziel bisher nur ein einziges Mal erreicht und dies im Jahr 2016, als die Kosten für die Erstversorgung von Flüchtlingen als Teil der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit berechnet wurden. Damit war Deutschland der größte Empfänger der eigenen Entwicklungsgelder. 

Auch 2019 wird das 0,7%-Ziel nicht erreicht. Der Anteil des Entwicklungsetat am BNE wird nach den Beschlüssen im Haushalt Schätzungen zufolge bei gut 0,5% des BNEs liegen. Ohne die Anrechnung der Ausgaben für die Erstversorgung von Flüchtlingen in Deutschland sind es noch weniger. Angesichts globaler Entwicklungen wie dem Klimawandel, Kriegen und humanitären Krisen und dem globalen Wohlstandsgefälle, sollte die Bundesregierung ihre Bemühungen auf die Agenda 2030 hinzuarbeiten und mindestens das 0,7%-Ziel zu erreichen intensivieren.

Bedenklich ist auch, dass die Steigerungen im Entwicklungsetat häufig nur für ein Jahr zugesagt wurden. Um nachhaltige Entwicklungen zu fördern sind langfristigere Verpflichtungen entscheidend, um Planungssicherheit zu haben.

Außerdem kommen die Rechte von Mädchen und Frauen eindeutig zu kurz. Frauen und Mädchen sind weltweit stärker von Armut und ihren Folgen betroffen. Es ist mittlerweile auch weithin anerkannt, dass die Einbeziehung und Förderung von Frauen und Mädchen in gesellschaftlichen Prozessen in hohem Maße zu nachhaltiger Entwicklung beiträgt. Im Gegensatz dazu steht, dass weniger als 1% der deutschen ODA-Gelder derzeit gezielt dafür eingesetzt wird, Mädchen und Frauen als Trägerinnen nachhaltiger Entwicklung zu fördern. Dies macht Plan International im Bericht „Politische teilhabe von Mädchen und jungen Frauen stärken“ deutlich

Nicht nur bei den Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit, sondern auch insgesamt besteht Verbesserungsbedarf bei der Planung des Bundeshaushalt, wenn es zum Thema Gleichberechtigung kommt. Während das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Partnerländer darin fördert, bei dem Erstellen ihrer Haushaltspläne Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit einzubeziehen, lehnt die Bundesregierung bisher ab, das sogenannte Gender Budgeting auch in Deutschland umzusetzen, was in meinen Augen ein ziemlich enttäuschendes Zeugnis für Deutschlands Engagement für Gleichberechtigung darstellt.  

Positiv ist dagegen zu sehen, dass die Globale Bildungspartnerschaft, eine effiziente internationale Initiative, die Grundschulbildung fördert und Bildungssysteme stärkt, 19 Millionen Euro mehr erhält. Im Vorfeld der Haushaltsdebatte, hat Plan International sich dafür eingesetzt, dass diese Initiative gestärkt wird. Bildung ist ein wichtiges Instrument, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen und nachhaltige Veränderung anzustoßen. Angesichts der Tatsache, dass laut UNICEF weltweit 64 Millionen Mädchen und 60 Millionen Jungen nicht zur Schule gehen, ist ein verstärktes Engagement für Bildung dringend nötig.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Haushaltsbeschluss für 2019 deutlich erhöht wurden, was eine sehr begrüßenswerte Entwicklung ist. Doch noch immer hat Deutschland das 0,7%-Ziel nicht erreicht und Themen wie Gleichberechtigung werden nicht ausreichend berücksichtigt. Die zur Verfügung stehenden Mittel sollten überdies dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten benötigt werden und dies auf nachhaltige Weise.  

 

Was sind diesbezüglich deine Forderungen an die Bundesregierung?

Ich fordere die Bundesregierung auf, das 0,7-Pro¬zent-Ziel endlich einzuhalten. Die deutsche Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag erneut zu dem 0,7% Ziel bekannt. Meine Forderung an sie ist, diese Versprechen umzusetzen und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit so weit zu erhöhen, dass sie mindestens 0,7% des BNEs ausmachen. Des Weiteren hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, 0,15– 0,2 %  des  BNEs für die am wenigsten  entwickelten Länder (LDCs) weltweit einzusetzen. Dieses Versprechen sollte schnellstmöglich umgesetzt werden, um Mittel dort zu investieren, wo sie am dringendsten gebraucht werden und daran zu arbeiten, das globale Wohlstandsgefälle zu verringern. Bei dem Einsatz der Mittel sollte besonders darauf geachtet werden, dass benachteiligte Bevölkerungsgruppen wie Kinder und Jugendliche und besonders Mädchen, profitieren, da  sie besonders stark und häufig von Armut und Chancenungleichheit betroffen sind.  

Außerdem sollte Deutschland seinen Einsatz für Gleichberechtigung erhöhen. im Inland ebenso wie im Ausland. Zum einen sollen die Mittel für das gezielte Empowerment von Frauen und Mädchen erhöht werden – Plan fordert von der Bundesregierung 200 Millionen Euro pro Jahr für bilaterale Vorhaben, die vorrangig Gleichberechtigung fördern, bereitzustellen. Zum anderen sollte die Bundesregierung die Forderungen, die an Partnerländer gestellt werden, auch selbst umsetzen: Ich fordere die Bundesregierung auf, bei der Erstellung des Haushalts Genderbudgeting umzusetzen.

Wir Mädchen und junge Frauen haben weltweit ein Recht darauf, die Gesellschaft, in der wir leben, mitzugestalten. Und wir können eine bessere Zukunft für alle nur schaffen, wenn wir gehört werden. Deshalb sollte die Bundesregierung mehr Geld für die politische Teilhabe von Mädchen und jungen Frauen bereitstellen.

Ich glaube fest daran, dass wir eine friedlichere und gerechtere Zukunft, wie sie in der Agenda 2030 beschrieben wird, erreichen können, wenn wir uns nur gemeinsam genug bemühen.

 

Quellen: 

https://www.globalcitizen.org/de/content/entwicklungszusammenarbeit-deutschland-oda-2/ 

https://www.one.org/de/blog/2018/11/14/haushaltsausschuss-beschliest-deutliche-erhohungen-der-entwicklungsgelder/, Stellungnahme des entwicklungspolitischen Sprecher und der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion der Grünen zum Haushalt 2019 -  Einzelplan 23, BMZ

https://www.globalcitizen.org/de/content/was-wird-getan-damit-das-07-ziel-erreicht-wird/ 

https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/weltmaedchentag/176128, Plan International Deutschland e.V.: Positionspapier Entwicklungsfinanzierung, VENRO: Stellungnahme Bundeshaushalt 2019 

https://venro.org/fileadmin/user_upload/Dateien/Daten/Publikationen/Stellungnahmen/VENRO-Stellungnahme_Haushalt_2019_final_01.pdf