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Ein Kind hält mit ausgestreckten Armen einen Beutel mit Hygieneutensilien von Plan in die Kamera und lacht dabei verschmitzt
Kinder tragen die Hauptlast der Pandemiefolgen. Deshalb ist es so wichtig, dass die Regierungen genügend Gelder für Gesundheit, Ernährung, Bildung und den Schutz von Kindern zur Verfügung stellen. © Plan International
20.11.2020 - von Claudia Ulferts

Kinderschutz in Krisenzeiten

Kinder haben besondere (Schutz-)Bedürfnisse und brauchen deshalb über die allgemeinen Grundrechte hinaus besondere Rechte - ein Prinzip, das mit der UN-Kinderrechtskonvention auf internationaler Ebene bereits heute seit 31 Jahren gilt. Kinderschutzexpertin Yang Fu erklärt im Interview, wie wichtig die gerade in Krisensituationen sind.

Am 20. November 1989 wurde die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, in der die speziellen Rechte von Kindern aufgelistet werden. Fast alle Länder auf der Welt haben sie unterzeichnet. Mit unserer Kinderschutzexpertin Yang Fu haben wir darüber gesprochen, warum Kinderrechte gerade in diesen Zeiten so wichtig sind.


Ein Portrait von Kinderschutzexpertin Yang Fu: Sie ist schlank, hat lange Haare, lächelt leicht und trägt eine leichte Jacke über einem Tshirt
Yang Fu ist Expertin für Kinderschutz in Notsituationen. © Plan International

Yang, was versteht Plan unter Kinderschutz?  

Kinderschutz bedeutet, dass wir alle Formen von Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung und Vernachlässigung von Mädchen und Jungen verhindern müssen. Alle Mädchen und Jungen haben ein Recht darauf, vor Gewalt geschützt zu werden, so wie es in der UN-Konvention über die Rechte des Kindes verankert ist. In einer sicheren und fürsorglichen Umgebung aufzuwachsen ist wesentlich, damit Kinder sich gesund entwickeln und ihr volles Potenzial ausschöpfen können.  

Du bist Spezialistin für Kinderschutz in Notsituationen. Was bedeutet das?  

Kinder, die in Krisen- und Katastrophensituationen leben, stehen meist großen Herausforderungen gegenüber. Sie müssen beispielsweise mit ihren Familien vor einem Konflikt fliehen oder erleben eine Naturkatastrophe wie gerade jetzt durch die Hurrikans in Mittelamerika. In solchen Kontexten müssen sie ihre vertraute Umgebung verlassen, kommen in Notunterkünften unter. Im schlimmsten Fall verlieren sie sogar nahe Angehörige. Viele der regulären Systeme, die Kinder normalerweise schützen, wie zum Beispiel Schulen, unterstützende Netzwerke oder Gesundheitssysteme funktionieren in solchen Notsituationen nicht mehr.  

Hurrikan Eta und Iota sind gute Beispiele. Was kann Plan für die Kinder tun, die jetzt in Evakuierungszentren sind? 

Wir schauen als erstes: Was brauchen die Kinder und ihre Familien jetzt? Wasser, Kleidung, Nahrung, ein Dach über dem Kopf? Und wir richten geschützte Bereiche in den Notunterkünften ein, in denen die Kinder sich sicher aufhalten und spielen können. Es ist sehr wichtig, ihnen in dieser chaotischen Situation Sicherheit, Struktur und so etwas wie Alltag zu geben. Kinder brauchen auch psychosoziale Betreuung, denn sie sind verängstigt oder traumatisiert von dem, was sie erlebt haben. Auch die Eltern brauchen Unterstützung, wenn sie plötzlich alles verloren haben. Geht es ihnen wieder einigermaßen gut, überträgt sich das auf die Kinder. Sie sind ja die wichtigste Basis für sie. 

Die Corona-Pandemie ist auch ein gutes Beispiel für eine Notsituation. Wie wirkt sich das auf Kinder aus?  

Durch die Covid-19 Pandemie können viele Kinder nicht zur Schule gehen, weil sie geschlossen sind. Auch können sie sich nicht mehr so frei bewegen, wie vor der Pandemie. Dadurch ist es viel schwieriger geworden, sich Unterstützung von Lehrer:innen oder den Gemeindehelfer:innen zu holen, wenn sie in Not sind und beispielsweise häusliche Gewalt und Missbrauch erleben. Zum Glück ist Plan da sehr kreativ. Wir haben neue Wege gefunden, um unsere Projekte vor Ort fortzuführen und mit den Kindern in Kontakt zu bleiben. Zum Beispiel über digitale Lösungen oder indem wir stärker auf ehrenamtliche Helfer vor Ort setzen. Wir arbeiten hart daran, Kinder und ihre Familien vor Covid-19 und den Folgen zu schützen. 

Sind Mädchen stärker von der Pandemie betroffen? Was sind die größten Gefahren für sie? 

Mädchen müssen während der Pandemie oft viel mehr Verantwortung im Haushalt übernehmen und haben gleichzeitig weniger Möglichkeiten, ihr eigenes Leben und ihr Umfeld mitzugestalten. Dabei ist es ihr größter Wunsch, anderen in ihrer Gemeinschaft zu helfen. Auch erleben sie häusliche Gewalt, und es kommt durch Covid-19 zu mehr Zwangs- und Frühverheiratungen. 

Wie kann eine Lösung dafür aussehen? 

Ich bin glücklich, dass ich mit Kolleg:innen in Kolumbien, Nigeria und Ghana gerade an Projekten arbeite, wie Mädchen in der Pandemie einerseits besser geschützt werden und andererseits weiter Bildungs- und Berufschancen bekommen können. Dabei geht es um die Vermittlung so genannter "life skills", Lebenskompetenzen, und darum, wie Mädchen gerade jetzt ihre Ausbildung fortsetzen können. Und natürlich auch darum, wo sie im Fall von Gewalt Schutz und Unterstützung finden können.  

Eine letzte Frage: Was wünschst du dir für den UN-Kinderrechtstag? 

Ich wünsche mir, dass Regierungen alles machen, damit Kinder ihre Rechte wahrnehmen können. Wir wissen, dass Covid-19 die wirtschaftlichen Bedingungen in vielen Ländern verschlechtert und Familien in die Armut getrieben hat. Kinder tragen die Hauptlast der Pandemiefolgen. Deshalb ist es so wichtig, dass die Regierungen genügend Gelder für Gesundheit, Ernährung, Bildung und den Schutz von Kindern zur Verfügung stellen. 

Ein Kind zeigt ein Blatt Papier in die Kamera, auf dem eine Weltkugel gemalt ist mit dem Text "Rechte der Kinder"

Kinderrechte kinderleicht erklärt