Angesichts der bevorstehenden Wahlen in Nigeria befürchtet die Kinderhilfsorganisation Plan International weitere Anschläge und Kämpfe im Nordosten des Landes, sollte die Regierung jungen Frauen und Männern keine Zukunftsperspektiven bieten. Am 16. Februar wählen die Nigerianer eine neue Regierung. Doch auch im zehnten Jahr der humanitären Krise - ausgelöst durch die Terrorgruppe Boko Haram - leiden weiter vor allem Frauen und Mädchen im Nordosten des Landes unter den Folgen. Sie wurden von Kämpfern der islamistischen Miliz entführt, gequält und zwangsverheiratet. Sie wurden Schulen und Universitäten entrissen oder als Selbstmordattentäterinnen und Kindersoldatinnen missbraucht. Die Gefahr durch die Terrorgruppe ist längst nicht gebannt.
Maike Röttger, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland, war im Januar in entlegenen Gebieten im Bundestaat Borno - der Keimzelle von Boko Haram - unterwegs, um Hilfsprojekte für Kinder und Frauen zu besuchen: „Wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen hat sich das Tauziehen zwischen Terrormiliz und dem Militär der Regierung verstärkt. Schießereien und Angriffe nehmen zu. Allein im Januar haben etwa 30.000 Menschen im Nordosten ihre Heimat verlassen, um vor dem Terror zu flüchten. Das Wichtigste ist jetzt, dass die neue Regierung handelt. Sie muss in die Bildung, Ausbildung und Zukunft der Jugend investieren und sie an einem friedlichen Wiederaufbau beteiligen. Sonst geht eine ganze Generation junger Menschen verloren. Gleichberechtigung ist dafür genauso wichtig. Es gibt keinen Frieden, solange Mädchen und Frauen gekidnappt und vergewaltigt werden.“
Die Krise hat eine ganze Region um das Tschadseebecken unzugänglich gemacht und Millionen in die Flucht getrieben. Mehr als sieben Millionen Menschen sind täglich auf Hilfe zum Überleben angewiesen. An die 6.000 unbegleitete minderjährige Geflüchtete leben schätzungsweise im Nordosten des Landes, weitere 8.000 wurden vermutlich als Kindersoldaten oder Arbeitskräfte von Boro Haram verschleppt.
Maike Röttger: „Die Menschen haben trotz der schwierigen Lebensumstände eine große Widerstandskraft entwickelt und gelernt, mit der Krise zu leben. Sie wollen positiv in die Zukunft blicken, aber die Lage ist sehr fragil und das Augenmerk liegt sehr auf der militärischen Bekämpfung von Boko Haram. Was junge Menschen jetzt nötiger denn je brauchen, ist eine Existenz, Arbeit und eine gesicherte Zukunft. Das ist auch der beste Weg, um erneuter Radikalisierung aus Mangel an Perspektiven vorzubeugen.“
Mädchen und Frauen in Nordostnigeria sind die Hauptleidtragenden der Krise. In dem Bericht „Heranwachsende Mädchen in der Krise. Stimmen aus der Lake Tschad-Region“ hat Plan International sie zu Wort kommen lassen und sie gefragt, wie sich die Krise auf ihr Leben auswirkt. Sie berichteten, dass Angst vor Überfällen und Entführungen durch Aufständische, sexueller und physischer Gewalt in den Straßen, aber auch im häuslichen Umfeld, ihren Alltag bestimmen. Die größten Wünsche der Mädchen für die Zukunft waren, Bildung zu bekommen und zum Einkommen der Familie beitragen zu können.
Plan International hat ein länderübergreifendes Programm in Niger, Nigeria und Kamerun, das vor allem Kinder und Jugendliche sowie von Gewalt betroffene junge Frauen im Fokus hat. Sie bekommen psychosoziale Betreuung sowie Unterstützung, um sich ein Einkommen zu schaffen.
Ein Interview mit Maike Röttger zur Lage in Borno ist möglich. Den Report sowie Fotos zum Download und weiteres Material finden Sie online in unserem Pressebereich unter: www.plan.de/presse