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Pittoreskes Idyll - die Con Dao-Inseln - Foto: Marc Tornow
Pittoreskes Idyll - die Con Dao-Inseln - Foto: Marc Tornow
16.03.2015 - von Marc Tornow

Gefängnisinsel im Naturparadies

Wer die Comic-Abenteuer von „Tim & Struppi“ liebt, erinnert sich hier bewundernd an Szenen aus „Flug 714 nach Sydney“: Die Helden geraten an Bord eines kleinen Privatflugzeuges, welches auf einem winzigen Eiland im Pazifik landet. So dramatisch wie im Kinderbuch ist ein Ausflug auf die geschichtsträchtige Inselgruppe Con Dao, 240 Kilometer vor der vietnamesischen Küste, natürlich nicht. Immerhin kurvt das kleine Düsenflugzeug aber ähnlich spektakulär wie im Comic über dem paradiesischen Archipel im unruhigen Ozean.


Con Dao – das ist in den Erinnerungen vieler unfreiwillig dorthin gebrachter Vietnamesen ein Ort von Folter, Krankheit und Not. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatten die französischen Besatzer hier ein Strafgefangenenlager eingerichtet. Das größte Eiland der abgeschiedenen Inselgruppe erhielt über Jahrzehnte immer mehr Gefängnisbauten, blieb Unbefugten aber über 100 Jahre lang verschlossen. Wer auf „Con Son“ landete, verbrachte seine Tage mitunter in den berüchtigten „Tiger-Käfige“, dicht an dicht gekettet, unter katastrophalen hygienischen Bedingungen.

Für das Elend auf der paradiesischen Insel gab es lange kein Entrinnen. Und als die Ära des Protektorats Indochina abgelaufen war, machten sich die neuen Herrscher den Gulag zunutze. In den 1960er- und 1970er-Jahren wurden tatsächliche und angebliche Sympathisanten der Gegenseite hier interniert. Nach der Wiedervereinigung Vietnams 1975 hatte das Land gleichwohl andere Dinge zu tun, als eine wenige Tausend Einwohner zählende Fischerinsel voranzubringen.

Das bewahrte einen ungeahnten natürlichen Schatz vor der Zerstörung: Ein halbes Dutzend Inseln – zum Teil bis heute nicht bewohnt – und seit jeher von Wäldern bewachsen. Meeresschildkröten legen hier ihre Eier an unberührten Stränden, seltene Fischarten und Robben sind hier zu Hause, weil es Jahrzehnte lang keine natürlichen Feinde für sie gab. Niemand durfte sich den Con Dao-Inseln nähern. Der einstigen Garnisonssiedlung „Con Son“ hängt bis heute etwas Geisterhaftes an. Alle zehn Minuten nur ist ein Fahrzeug auf der Uferstraße davor unterwegs und die wenigen Gäste eines Resorts zählen zur oberen Preiskategorie.

Nur das Knattern der Fischereiflotte liegt rund um die Uhr über der Bucht. Wenn mit dem Sonnenuntergang das Leuchtfeuer des Hafenmeisters von „An Hoi“ aufflammt, machen sich auch wieder die hölzernen, hellblau gestrichenen Trawler auf den Weg hinaus aufs Meer. Dann servieren fleißige Geister in einem improvisierten Café an der Promenade, in den kolonialen Räumen des früheren französischen Hafenamtes, gekühltes Bier und kleine Snacks. Das Eiland im Ozean – nach vielen leidvollen Jahren nun ein Ort der Entspannung.