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Zar
Plan International unterstützt Kinder und Jugendliche in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) mit Bildungsangeboten. © Ina Thiam
02.03.2021 - von Marc Tornow

Eine Generation darf nicht weiter verlieren

Die Zentralafrikanische Republik gilt als einer der gefährlichsten Orte der Welt, auch und gerade für Kinder. Religiös motivierte Spannungen führen seit 2013 zu Gewalt und bewaffneten Auseinandersetzungen, in die auch immer wieder Mädchen und Jungen hineingezogen werden. Plan International engagiert sich für frühere Kindersoldat:innen.

Als vor acht Jahren der bewaffnete Konflikt zwischen christlichen und muslimischen Gruppen im Land begann, flohen viele Familien vor der eskalierenden Gewalt. Auslöser war die Machtübernahme durch die muslimische Rebellengruppe Séléka, was wiederum Repressalien seitens christlicher Regierungskräfte zur Folge hatte. Rund 1,2 Millionen Menschen sind innerhalb der Zentralafrikanische Republik (ZAR) oder in Nachbarstaaten geflohen. Dabei wurden immer wieder Mädchen und Jungen von ihren Eltern getrennt.

Ohne Mittel, ihren Alltag allein bewältigen zu können, waren und sind diese Kinder ein leichtes Ziel für bewaffnete Gruppen. Rund ein Dutzend verschiedene sind es in dem Vielvölkerstaat. Ihre Anführer, sogenannte Warlords, kontrollieren etwa 80 Prozent des zentralafrikanischen Landes und rücksichtslos rekrutieren sie Minderjährige für ihre Zwecke.


Auf der Flucht rekrutiert
Wie diese Schule in Bossangoa wurde auch anderswo in der ZAR Infrastruktur zerstört. © Ina Thiam
Wie diese Schule in Bossangoa wurde auch anderswo in der ZAR Infrastruktur zerstört. © Ina Thiam

Luc (Name von der Redaktion geändert) wurde allerdings freiwillig ein Kindersoldat, nachdem sein Dorf von der Extremistengruppe Séléka angegriffen und zerstört worden war. „Meine Familie musste in ein Lager für Vertriebene fliehen“, erinnert sich der 17-Jährige. „Aber ich schloss mich der ,Anti-Balaka-Gruppe‘ an, die gegen die Angreifer antrat, um so unser abgebranntes Haus zu rächen.“

Kinder in der ZAR wurden und werden von den rivalisierenden Gruppen nicht nur für Kampfhandlungen missbraucht, sondern auch als Küchenpersonal, Spione, Träger:innen und/oder zur sexuellen Ausbeutung. 2015 haben UN-Organisationen mit den bewaffneten Gruppen die Freilassung von 10.000 minderjährigen Soldat:innen vereinbart. Auch Luc kehrte seiner Gruppe den Rücken und hat sein Leben mittlerweile umkrempelt. Der ehemalige Kindersoldat hat an einem Rehabilitationsprogramm von Plan International teilgenommen, das junge Menschen mit schulischen und beruflichen Bildungsangeboten wieder in die Gesellschaft zurückführen möchte.

Von der Front an den Nähtisch
Für den ehemaligen Kindersoldaten Luc (17, links) erfüllt sich im Plan-Projekt ein Wunsch: Er lernt Nähen. © Plan International
Für den ehemaligen Kindersoldaten Luc (17, links) erfüllt sich im Plan-Projekt ein Wunsch: Er lernt Nähen. © Plan International

„Ich habe mich entschieden, Nähen zu lernen“, sagt Luc. „Ich habe immer davon geträumt, Modedesigner zu werden und Nähen wird mir ermöglichen, etwas Geld zu sparen und meine Familie zu versorgen.“

Doch wenn Kinder ihre bewaffnete Gruppe verlassen, ist für sie die Rückkehr in ein normales Leben alles andere als einfach. Sie werden oft von ihren Familien diskriminiert. Zum Glück für Luc war seine Familie froh, ihn wiederzuhaben und außerdem gehörte er zu 40 ehemaligen Kindersoldat:innen, die im Plan-Projekt in der Hauptstadt Bangui eine Berufsausbildung bekommen haben.

Am Ende der Ausbildungszeit erhalten die Absolvent:innen Materialien und Ausrüstung, um ihr eigenes kleines Unternehmen zu gründen. Luc bekam außerdem einen Praktikumsplatz in einer Schneiderei. „Wir sind eine arme Familie und das einzige Essen, das wir erhalten, gibt es im Lager für Vertriebene. Mit meinem Job kann ich jetzt etwas verdienen und beim Kauf von Lebensmitteln helfen.“

Lucs Mutter freut sich ebenfalls, dass ihr Sohn sein Leben ins Lot gebracht hat und sagt: „Ich danke den Organisationen für alles, was sie für uns getan haben, dass sie meinem Sohn eine zweite Chance gegeben haben.“ Das in Zusammenarbeit mit öffentlichen Gebern umgesetzte Projekt bietet Kindern auch psychosoziale Unterstützung auf ihrem Weg zurück in die Gesellschaft an.

Neue Unsicherheiten
Der Alltag in der Hauptstadt Bangui hatte sich vor den Wahlen im Dezember 2020 weitgehend normalisiert. © Ina Thiam
Der Alltag in der Hauptstadt Bangui hatte sich vor den Wahlen im Dezember 2020 weitgehend normalisiert. © Ina Thiam

Seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2020 nimmt die Unsicherheit im Land zu. Rivalisierende Parteien bezichtigen sich gegenseitig der Wahlmanipulation und in den Vororten von Bangui sowie einigen Provinzen kam es zu neuen Zusammenstößen zwischen Regierungstruppen und Rebellengruppen. Ein im Januar verhängter Ausnahmezustand wurde bis August verlängert. Parallel zu den Ausgangsbeschränkungen wurden humanitäre Transporte internationaler Hilfsorganisationen mit Lebensmitteln und Medikamenten von Rebellengruppen blockiert, wobei 57 Prozent der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe von außen angewiesen sind.

Plan International verfolgt die aktuelle Entwicklung in der ZAR genau, um riskante Fahrstrecken und gefährliche Gebiete zu umgehen und so die eigenen Teammitglieder zu schützen. Trotz des gestiegenen Konfliktpotenzials und eingeschränkter Bewegungsfreiheit, die zum Teil mit dem Schutz vor einer Covid-19-Ansteckung zu tun hat, sind unsere Mitarbeiter:innen weiterhin im Stadtgebiet von Bangui, Berberati, Bria und Kaga tätig.