Als im Januar 2022 in Uganda wieder die Schulen öffneten, hatte das ostafrikanische Land einen traurigen Rekord aufgestellt. 22 Monate lang waren die Bildungseinrichtungen wegen der Corona-Pandemie geschlossen gewesen. Es waren die längsten Schulschließungen weltweit und sie hatten gravierende Auswirkungen.
Viele Kinder in städtischen und ländlichen Gebieten waren während der Pandemie gezwungen zu arbeiten, um angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten ihre Familien zu unterstützen. Nachdem die Schulen wieder geöffnet wurden, kehrten rund ein Drittel der Kinder – fünf Millionen Schüler:innen – nicht wieder in ihre Klassenzimmer zurück. Die Schwangerschaften im Teenageralter stiegen dramatisch an und viele Mädchen wurden von ihren Familien früher verheiratet als sonst.
Um diese folgenschwere Entwicklung umzukehren, startete Plan International im Jahr 2022 zusammen mit Education Above All und der Strømme Foundation das vierjährige Projekt RISING Uganda, um 100.000 Kinder wieder in die Schule zu bringen. Vor allem Mädchen sollen so die Chance erhalten, ihren Bildungsweg fortzusetzen.
In neun Distrikten des Landes arbeitet Plan zusammen mit Familien und Gemeinden daran, Hindernisse für den Schulbesuch abzubauen. Dazu gehören fehlende Klassenzimmer, Lernrückstände und mangelnde Schulressourcen. Besonders in Gemeinden mit geflüchteten Menschen ist der Bedarf an Unterstützung groß.
„Wenn man sich unsere Schulen anschaut, sind einige von ihnen in einem desolaten Zustand", berichtet Moses Agel, Bildungsbeauftragter im Bezirk Alebtong. „Mit dem RISING-Projekt wurden bereits viele dieser Schulen saniert und wieder mehr Kinder zum Schulbesuch motiviert.“
Im Rahmen des Projekts werden bis zu 67 Klassenzimmer und 53 WASH-Einrichtungen (Wasser-, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen) gebaut oder renoviert. Dazu gehören separate Toiletten für Mädchen und Jungen mit Handwaschstationen, Umkleideräumen sowie Brennöfen zur hygienischen Entsorgung von Monatsbinden.
„Die Toiletten sind gut, weil sie einen Umkleideraum haben“, erzählt die 13-jährige Shadia. „Früher mussten wir die Toilette mit den Jungen teilen, da hatten wir keine Privatsphäre. Jedes Mal, wenn ich meine Periode hatte, musste ich nach Hause gehen. An all diesen Tagen habe ich den Unterricht verpasst. Auf der neuen Toilette kann ich meine Binde wechseln, mich frisch machen und dann wieder zurück in die Klasse gehen."
„Wir gehen auch in die Gemeinde und sprechen mit Schulabbrecher:innen, um sie wieder in die Schule zu holen.“
Ein Highlight des Projekts sind die “Girls' Education Movement”-Gruppen, kurz: GEM-Clubs. Hier haben sich Mädchen und Jungen zusammengeschlossen, um sich für die Rechte von Mädchen stark zu machen. Regelmäßig treffen sich die Gruppenmitglieder, um über das zu sprechen, was Mädchen in ihrem Bildungszugang behindert. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, den Status und die Beteiligungsmöglichkeiten von Mädchen zu verbessern.
"Im GEM-Club stellen wir wiederverwendbare Damenbinden und Flüssigseife her“, erzählt die 14-jährige Gai. „So helfen wir Mädchen, in der Schule zu bleiben.“
Auch Jungen werden in die Clubs einbezogen, um das Thema Menstruation zu enttabuisieren und Mobbing zu verhindern. „Früher habe ich gelacht, wenn ich ein Mädchen sah, das während der Periode sein Kleid verschmutzt hatte", gesteht ein Junge. „Aber seit ich im GEM-Club bin, weiß ich, dass ich ihr eher helfen sollte, anstatt mich über sie lustig zu machen."
Eltern, insbesondere die Väter, spielen eine entscheidende Rolle für den schulischen Erfolg ihrer Kinder. Aus diesem Grund wurden „Mama- und Baba-Clubs“ eingerichtet. Dort werden die Eltern ermutigt, die Ausbildung ihrer Kinder zu unterstützen.
James ist Vorsitzender seines „Baba-Clubs“. Er setzt sich dafür ein, dass die Männer in seiner Gemeinde Verantwortung für die Einschulung ihrer Kinder übernehmen. „Früher haben wir die Verantwortung für die Schulbildung unseren Frauen überlassen“, sagt James. „Wir haben auch nicht an Schulversammlungen teilgenommen und kannten nicht einmal die Namen der Schulleitung. Jetzt beteiligen wir uns aktiv an den Entwicklungsplänen der Schulen und unsere Ideen werden umgesetzt.“
„Ich habe gelernt, meinen Unterricht so zu gestalten, dass Mädchen und Jungen sowie Kinder mit Lernschwierigkeiten davon profitieren“
Auch Lehrkräfte erlangen im Projekt neue, wertvolle Fähigkeiten. So lernen sie beispielsweise in Schulungen, wie sie einen geschlechtergerechten und inklusiven Unterricht gestalten. Durch die Einführung einer digitalen Software können die Schulen zudem die Einschulungsdaten der Kinder besser erfassen. So ist es möglich, ihren Schulverbleib genau zu verfolgen.
"Dieses System hilft uns, Kinder, die sich verspätet einschreiben oder die Schule verlassen haben, gezielt zu erfassen und zu unterstützen", erklärt der Datenbeauftragte Isaac Oluma.
„Wir tragen die Daten neu eingeschulter Kinder zunächst in das Einschulungsregister der Schule ein. Dann übertragen wir sie in das digitale System. So behalten die Behörden jederzeit den Überblick über den Bildungsstatus der Kinder.“
In den ersten zweieinhalb Jahren wurden im Rahmen von RISING Uganda bereits 71.349 Kinder wieder eingeschult. Bis Ende Dezember 2025 soll ihre Zahl auf 100.000 steigen. So sollen alle Kinder im Projektgebiet die Chance erhalten, in ihren Klassenraum zurückzukehren.
Diese Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Uganda erstellt.