Nach drei ausgefallenen Regenzeiten in Folge hat sich die Lage in Somalia weiter verschlechtert und stellt für fast die Hälfte der Bevölkerung eine ernste Bedrohung dar: Seit Dezember 2021 herrscht in den meisten Teilen des ostafrikanischen Landes eine extreme Dürre, die die Ernten und den Viehbestand dezimiert hat.
Da es in den Dörfern kein Wasser und keine Nahrung mehr gibt, verlassen Hunderttausende ihre Heimat und suchen Hilfe in Camps. Die Notunterkünfte wurden eingerichtet, um intern Vertriebene aufzunehmen, die vor anhaltenden Konflikten und Gewalt fliehen. Doch die Hilfskräfte stoßen zunehmend an ihre Grenzen. Die Camps sind oft überfüllt und es ist schwer, alle Bewohner:innen mit Wasser, Nahrung und medizinischer Hilfe zu versorgen.
Die 13-jährige Barwaaqo lebt mit ihrer Familie in einem Camp für Binnenvertriebene in der Region Sool im Norden Somalias. Obwohl sie zwei ältere Brüder hat, ist sie als ältestes Mädchen von sieben Geschwistern dafür verantwortlich, Wasser für die Familie zu holen. Das Wasser wird per Lastwagen in das Camp geliefert. Da Barwaago aber nie weiß, wann der Wagen ankommt, muss sie immer in Bereitschaft sein, um ihn nicht zu verpassen.
„An manchen Tagen kann ich nicht zur Schule gehen, weil ich auf die Lastwagen warten muss, um Wasser für meine Familie zu holen. Seit zwei Tagen sind keine mehr gekommen, und niemand weiß, wann sie wieder da sein werden. Ich bin so besorgt und wütend. Wenn der Wassertransport nicht kommt, müssen wir salziges Wasser aus dem Boden nutzen, was schlecht für unsere Gesundheit ist“, erklärt Barwaaqo.
Seit sie und ihre Familie 2017 im Camp angekommen sind, hat Barwaaqo festgestellt, dass die Trockenzeiten länger andauern und die Regenfälle seltener und unregelmäßig sind. In der Notunterkunft sind Krankheiten weit verbreitet, oft verursacht durch das Trinken von schmutzigem Wasser. „Meine beiden jüngeren Brüder sind seit zwei Tagen krank, weil sie das salzige Wasser getrunken haben“, erzählt sie.
Barwaaqo will später einmal Entwicklungshelferin werden, aber sie macht sich Sorgen, dass ihre Träume durch die Auswirkungen der Dürre zunichte gemacht werden. Die Lebensmittel- und Wasserknappheit führt zu einer Zunahme an Frühverheiratungen und Kinderarbeit. Betroffene Mädchen müssen allzu oft die Schule abbrechen.
Barwaaqo hat Angst, dass sie ihre Schulbildung nicht abschließen kann. Die Schule im Camp ist häufig geschlossen, da auch die Lehrer auf die Suche nach Nahrung, Wasser und Weideland für ihre Tiere gehen müssen, wenn die Ressourcen knapp sind. „Die nächstgelegene Schule ist vier Kilometer von der Unterkunft entfernt. Ich kann nicht jeden Tag so weit laufen, da ich ja meiner Mutter bei der Hausarbeit helfen muss.“
Laut Vereinten Nationen benötigt mehr als ein Viertel der somalischen Bevölkerung dringend Nahrungsmittel und Wasser. Etwa 1,4 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt. Und die Lage in Somalia wird sich voraussichtlich weiter verschlechtern. Denn die nächsten Regenfälle kommen frühestens im April und werden voraussichtlich wieder unter dem Durchschnitt liegen.