Die Ernten sind ausgefallen, das Vieh ist abgemagert oder tot – und viele Wasserstellen sind bis auf den letzten Tropfen ausgetrocknet. Mehr als 20 Millionen Menschen in Somalia, Kenia und Äthiopien bangen durch eine extreme Dürreperiode um ihre Lebensgrundlage. Die Menschen haben Hunger, sie haben Durst. Doch die allgemeine Knappheit lässt die Lebensmittelpreise so stark steigen, dass sie sich nicht einmal mehr Grundlegendes leisten können.
Somalia an der Spitze des Horns von Afrika hat die Dürre bisher am härtesten getroffen – und eine Verbesserung der Situation ist nicht in Sicht. Aktuelle Wetterprognosen deuten darauf hin, dass im Frühjahr das Extrem-Wetterphänomen „La Niña” (spanisch für „das Mädchen“) auftreten könnte. Dieses sorgt für eine Abkühlung des Wassers des Pazifischen Ozeans, mit der Folge, dass an der afrikanischen Ostküste höhere Temperaturen und ausbleibende Regenfälle verzeichnet werden. Eine erneute Regensaison mit spärlichen Niederschlägen wird die Auswirkungen der Dürre in Somalia und den umliegenden Ländern noch weiter verschlimmern.
„Ich koche, aber ich esse als letzte“, erzählt die 13-jährige Faisa, die mit ihrer Familie in einem Camp für Binnengeflüchtete in der somalischen Region Todgheer lebt. „Wenn es nicht genug zu essen gibt, esse ich nichts. Dann muss ich bis zur nächste Mahlzeit warten – wenn ich Glück habe.“
Schon jetzt belegt Somalia laut UN-Angaben den ersten Platz im Welthunger-Index, mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unterernährt. Die Folgen sind gravierend: Unterernährung im Kindesalter kann das Wachstum hemmen und beeinträchtig die Entwicklung des Gehirns, was sich auf die Bildung und die späteren beruflichen Chancen der Kinder auswirkt.
„Wenn ich einen Mann sehe, der mit meiner Mutter spricht, bekomme ich Angst, weil ich denke, dass ich der Deal sein könnte, über den sie sich unterhalten.“
Mit schätzungsweise 2,9 Millionen Menschen, die auf der Suche nach Wasser, Nahrung und Sicherheit ihr Zuhause verlassen mussten, hat Somalia außerdem eine der höchsten Raten an Binnenvertriebenen. Eine ganze Generation somalischer Kinder wächst in Geflüchteten-Camps auf – mit wenig Hoffnung und Zukunftsperspektiven.
Von Faisa wird – als zweitältestes Kinder der Familie – erwartet, dass sie alle Hausarbeiten erledigt und sich um ihre sechs jüngeren Geschwister kümmert. Ihre größte Befürchtung ist, dass sie ihre Familie bald verlassen muss: „Ich sehe viele Mädchen, die entweder in die Stadt geschickt werden, um zu arbeiten, oder gegen Geld verheiratet werden“, so die 13-Jährige. „Immer wenn ich einen Mann sehe, der mit meiner Mutter spricht, bekomme ich Angst, weil ich denke, dass ich der Deal sein könnte, über den sie sich unterhalten.“
Die 22-jährige Ramla ist in der Region um das Geflüchteten-Camp in Todgheer zuhause – und „erschüttert über das Ausmaß an Gewalt gegen Mädchen und Frauen, insbesondere unter den Binnenvertriebenen“, sagt sie. Um etwas dagegen tun zu können, nahm Ramla an mehreren Trainingsprogrammen teil, die zum Ziel haben, Mädchen und junge Frauen darin zu stärken, sich für ihre Rechte einzusetzen. Durchgeführt werden die Programme von NAFIS (Network Against Female Genital Mutilation in Somaliland), einem lokalen Arbeitspartner von Plan International. „Das Training bietet mir die Möglichkeit, mich dem Kampf gegen diese tief verwurzelten Geschlechterungleichheiten anzuschließen“, sagt Ramla. „Ich habe Schulungen zum Thema Kinderschutz, weibliche Genitalverstümmelung, Frühverheiratung und zu anderen geschlechtsspezifischen Gewaltproblemen erhalten.“
„Manchmal beleidigen uns die Menschen und werfen Steine auf uns. Aber der Einsatz lohnt sich – denn es gibt auch die, die uns zuhören.“
Ihr Wissen gibt Ramla nun an Mädchen in den Geflüchteten-Camps weiter: Sie hat eine Gruppe mit jungen Freiwilligen zusammengebracht, um sie dabei zu unterstützen, ihre Stimme zu erheben und auf die Missstände in den Camps aufmerksam zu machen. „Mädchen werden in Somalia als weniger wertvoll betrachtet. Die Gefahr, Gewalt zu erleben, ist für uns hoch“, sagt Ramla. „In den Camps verschlechtert sich diese Situation. Die Vergewaltigungsraten sind höher, die Mädchen werden ausgebeutet, erleben Missbrauch oder werden früh verheiratet.“ Gemeinsam mit der Freiwilligengruppe will Ramla die Menschen nun dafür sensibilisieren, wie wichtig Kinderschutz ist – insbesondere für Mädchen. „Wir treffen auf Mädchen in unserem Alter, jüngere Mädchen, Mütter und auch Männer. Manchmal beleidigen uns die Menschen und werfen Steine auf uns“, erzählt die 22-Jährige. „Aber der Einsatz lohnt sich – denn es gibt auch die, die uns zuhören.“
Seit 2019 arbeiten wir von Plan International in Somalia. Dabei konzentrieren wir uns auf den Kinderschutz, den Schutz vor sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, humanitäre Maßnahmen und die wirtschaftliche Stärkung junger Menschen. Wir sind zu einem der führenden Verfechter der Mädchenrechte im Land geworden und setzen uns gegen Kinder-, Früh- und Zwangsheirat sowie weibliche Genitalverstümmelung (FGM/C) ein. In Zusammenarbeit mit unseren lokalen Partnern NAFIS und TAAKULO Somali Community unterstützen wir die von der Dürre betroffenen Gemeinden in dem ostafrikanischen Land. Wir liefern Kinderschutzdienste und sensibilisieren für das erhöhte Risiko von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch. Für gefährdete Haushalte wie dem von Faisa bieten wir flexibel bereitgestellte Bargeldzahlungen, um ihnen unbürokratisch dabei zu helfen, dringend benötigte Lebensmittel zu kaufen.
Die Geschichte wurde mit Material aus dem somalischen Plan-Büro erstellt.