Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien ist die Zahl der syrischen Flüchtlinge um mehr als 4 Millionen Menschen gestiegen.
Die Türkei hat mehr als 1,9 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, dies entspricht ungefähr 45 Prozent der syrischen Flüchtlinge aus dieser Region. Von diesen Flüchtlingen leben nur knapp 260.000 Menschen in den 25 Flüchtlingslagern, welche von dem türkischen Katastrophenschutz betrieben werden.
Die Regierung der Türkei hat bereits 6 Milliarden Dollar für Unterkünfte, Nahrung, gesundheitliche Versorgung und Bildung für die syrischen Flüchtlinge in den Camps bereitgestellt. Doch etwa 90 Prozent der Flüchtlinge in der Türkei leben außerhalb dieser Lager und haben keinen Zugang zu diesen Grundbedürfnissen.
Während meiner Reise durch die Türkei sah ich viele Familien in Parks oder auf Moscheegeländen schlafen. Ich besuchte auch das Dorf Dikmen in Ankara, in welchem viele syrische Flüchtlinge leben. Als wir das Auto parkten sahen wir eine Frau, zwei ihrer Töchter und zwei Söhne wie sie aus einer „Kunststoff-Kaserne“ kamen, welche sie „Zuhause“ nennen. Zwei ihrer Töchter waren barfuß. Als ich ihre Mutter fragte, wie sie ihren Lebensunterhalt sichern würde, erklärte sie mir – mit dem bisschen türkisch was sie sprach – dass sie Müll sammelt und ihre Töchter ihr dabei helfen. Für sie ist Bildung Luxus.
Mehr als die Hälfte der syrischen Flüchtlinge sind Kinder. Es wird geschätzt, dass ungefähr 576.000 Kinder im Schulalter Bildung benötigen.
„Mehr als die Hälfte der syrischen Flüchtlinge sind Kinder. Es wird geschätzt, dass ungefähr 576.000 Kinder im Schulalter Bildung benötigen.“
Syrische Flüchtlinge dürfen zwar die nationalen Schulen oder vorübergehende Bildungszentren, die in Camps oder Stadtgebieten bestehen, besuchen – trotzdem bleibt aber durch den Unterschied des Bildungsinhaltes in türkischen Schulen ebenso wie durch den Mangel an türkischen Sprachkenntnissen bei syrischen Kindern eine Barriere zur Bildung.
Ein andere große Bildungsbarriere sind die Kosten. Familien legen den Schwerpunkt auf die Ausgabe für Grundbedürfnisse und in den meisten Fällen müssen ihre Kinder in Fabriken arbeiten, Waren auf der Straße verkaufen und in der Öffentlichkeit betteln, um das familiäre Einkommen zu ergänzen.
Für Mädchen ist die Situation noch beunruhigender. Obwohl die Vielehe im Bürgerlichen Gesetzbuch der Türkei verboten ist, wird diese besonders in lokalen Gemeinden in Randgebieten fortgeführt. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten entscheiden Familien, ihre Töchter an türkische Männer zu verheiraten, manchmal als zweite oder dritte Frau, mit der Hoffnung auf eine gesicherte Zukunft. Laut eines gemeinsamen Bericht, der von ORSAM (Centre for Middle Eastern Strategic Studies) und TESEV (Turkish Economic and Social Studies Fundation) herausgegeben wurde, gibt es einen Markt rund um diese Ehen. Diese Tendenz ist alarmierend, weil diese Mädchen keinen Zugang zu Bildung haben und sie schnell selbst Mütter werden können.