Weltweit sind rund 735 Millionen Menschen von Hunger betroffen – 122 Millionen Menschen mehr als noch vor vier Jahren, sagt der jüngste Bericht über den Stand der Ernährungssicherheit in der Welt. Grund für die Zunahme sind die Covid-19-Pandemie, wiederholte Wetterschocks und Konflikte, darunter der Krieg in der Ukraine, durch den wichtige Lieferketten unterbrochen worden sind. Afrika ist nach wie vor die am stärksten betroffene Region. Jeder fünfte Mensch auf dem Kontinent hungert.
Und die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. In Somalia hat die verheerende Dürre, gepaart mit den Auswirkungen von drei Jahrzehnten Konflikt, zu einer katastrophalen Nahrungsmittelkrise geführt. Millionen Menschen mussten auf der Suche nach Essen und Wasser ihr Zuhause verlassen, viele von ihnen leben nun in überfüllten Camps für Binnenvertriebene. Leidtragende der Krise sind insbesondere Kinder.
Somalia ist besonders betroffen: 6,6 Millionen Menschen leiden Hunger. 1,8 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt. Die 38-Jährige Hoodo hat bereits zwei ihrer Kinder verloren – gestorben sind sie nicht an einer Krankheit, sondern an Hunger. „Es lag nur ein Monat zwischen ihrem Tod“, sagt Hoodo. „Wir haben hier kein Gesundheitszentrum und ich konnte es mir nicht leisten, ins Krankenhaus zu gehen. Also habe ich meine unterernährten Kinder zu Hause behalten, in der Hoffnung, dass es ihnen bald besser gehen würde. Doch sie sind beide gestorben. Ich habe jetzt solche Angst um meine anderen Kinder.“
Millionen somalischer Kinder bekommen nicht genug zu essen, sowohl was die Menge als auch was die Vielfalt betrifft. Eine große Zahl von ihnen leidet daher an Anämie und Vitamin-A-Mangel, was sie anfälliger für Infektionskrankheiten macht und das Risiko einer schweren akuten Unterernährung birgt – was ein gefährlich niedriges Gewicht und starken Muskelschwund bedeutet. An einer so schwerwiegenden Unterernährung können Kinder sterben.
Hoodo kämpft als alleinerziehende Mutter ums Überleben ihrer Familie. Noch vor ein paar Jahren hatten sie ein gutes Leben: „Früher hatten wir über 200 Tiere. Schafe, Kamele, Esel. Sie starben alle aufgrund der Dürre und wir kamen in dieses Camp, um Hilfe zu suchen. Das war vor drei Jahren.“ Nun macht sich die 38-Jährige Sorgen um ihre übrigen sechs Kinder. „Wir bekommen nicht drei Mahlzeiten am Tag, sondern kaum eine. Ich gebe ihnen Essen und Wasser, wenn ich es bekomme, aber das ist selten. Meine Tochter Amina ist sehr krank, ich habe solche Angst, dass ich sie verliere wie die anderen.“
„Ich sage ihnen, dass ich Essen hole und dass sie auf mich warten sollen. Sie schlafen ein, während ich weg bin, und ich lege mich mit schwerem Herzen und leeren Händen neben sie.“
Die Camps für binnenvertriebene in Somalia geraten zunehmend unter Druck. Jeden Tag kommen Tausende Familien an, die dringend Nahrungsmittel und Trinkwasser benötigen. Die Menschen legen Hunderte von Kilometer zu Fuß zurück, um die Camps zu erreichen, und müssen dort oft feststellen, dass sie keine Hilfe erhalten. „Ich fühle mich so schlecht, dass ich meine Kinder nicht ernähren kann“, sagt Hoodo. „Ich versuche, sie nicht zu beunruhigen, aber es ist schwer. Sie bitten mich immer um etwas zu essen, also laufe ich einfach im Lager herum, ohne Garantie, etwas zu finden. Ich sage ihnen, dass ich Essen hole und dass sie auf mich warten sollen, bis ich zurückkomme. Sie schlafen ein, während ich weg bin, und ich lege mich mit schwerem Herzen und leeren Händen neben sie.“
Hoodos Sohn, der achtjährige Mubaarik, sitzt im Sand und spielt mit seinem wertvollsten Besitz: ein weicher Ball, dessen grüner Strickstoff vom hellen Sonnenlicht verblasst ist. Er erzählt, dass er in der Schule manchmal Brei bekomme. „Das letzte Mal, dass ich etwas gegessen habe, war gestern“, erzählt der Junge. „Wenn ich zur Schule gehe, habe ich großen Hunger. Dann kann ich mich nicht auf den Unterricht konzentrieren. Ich kann auch nicht mit meinen Freunden spielen, weil mir schnell schwindelig wird und ich mich hinsetzen muss.“
Seine neunjährige Schwester Marwa stimmt ihm zu: „Wir haben wieder mit leerem Magen geschlafen. Manchmal essen wir was, manchmal nicht.“ Sie wünscht sich ein besseres Leben für ihre Familie. „Ich möchte Kleidung, gutes Essen und ein gutes Haus haben“, sagt sie.
Die 14-jährige Ayaan versucht, ihrer Mutter so gut wie möglich zu helfen. Sie erledigt Hausarbeiten, während Hoodo nach Essen sucht. Doch auch ihr fehlt langsam die Kraft: „Ich bin sehr erschöpft“, sagt sie. „Mein kleiner Bruder und meine kleine Schwester sind vor Hunger gestorben. Ich bin so traurig und vermisse sie sehr. Ich habe Angst um meine anderen Geschwister, sie werden oft krank und es gibt nicht genug zu essen.“
Hoodo ist durch den Verlust ihrer jüngsten Kinder noch immer traumatisiert. „Ich habe mich von dem tragischen Verlust noch nicht erholt“, sagt sie. „Er verfolgt mich immer noch. Wenn ich Kinder in ihrem Alter sehe, denke ich an sie und es tut so weh.“
Plan International unterstützt Hoodo und ihre Kinder sowie weitere Familien in Camps für Binnenvertriebene in der Region Somaliland im Nordwesten von Somalia. In den Bezirken Togdheer, Woqooyi Galbeed, Sool und Bay unterstützt die Kinderrechtsorganisation lebensrettende Soforthilfe unter anderem durch Bargeldzahlungen und den Zugang zu sauberem Wasser. Die Geldtransfers werden mit Unterstützung lokaler Partner vor Ort verteilt, um den betroffenen Familien zu helfen, ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung und Wasser sowie die Gesundheitsversorgung zu decken.
Hoodos Geschichte wurde mit Material aus dem somalischen Plan-Büro erstellt.