Inmitten der ecuadorianischen Anden, etwa 230 Kilometer südlich der Hauptstadt Quito, liegt der Vulkan Chimborazo und die gleichnamige Provinz. Hier prägt nicht nur endlose, grüne Natur das Leben der Bewohner:innen, es ist eine der ärmsten Regionen des Landes. Viele Menschen haben nur erschwert Zugang zu Lebensmitteln, die nächste Stadt ist mehrere Stunden Fahrt entfernt. Auch Wasserzugänge für den täglichen Bedarf fehlen in den Dörfern im Hochland, das Transportieren von Wasch- und Trinkwasser kostet Zeit und Kraft. Die Enge in den örtlichen Küchen stellt eine ebenso große Herausforderung dar: Die Holzöfen sind nur umständlich zu betreiben, der Rauch und die schlechte Luftzirkulation in den Kochhütten schadet zudem Augen und Lungen.
Wie kann das Leben hier verbessert werden? Wie können die Bewohner:innen ihr Leben verändern, um ein glücklicheres zu führen? Um diese Fragen kümmern sich die Wiñari, eine Gruppe von 18 indigenen Frauen aus einem Dorf im Hochland. In der Region Chimborazo setzen sie sich für ein besseres Leben ein. In der Quichua-Sprache heißt Wiñari so viel wie „wachsen“, und genau das wollen sie: mehr Unabhängigkeit, Gesundheit und finanzielle Sicherheit.
Zusammen mit Plan International gehen die Frauen in Workshops der Frage nach, wie sie ihre Probleme erkennen sowie Lösungen erarbeiten und umsetzen können. Dabei entwickeln sie eigene Ideen nach dem sogenannten „Life Improvement“-Ansatz. Viele Teilnehmerinnen können weder lesen noch schreiben, doch Übungen zur Selbstreflektion machen ihre Stärken sichtbar. So können sie trotzdem Pläne entwickeln und Prioritäten setzen.
„Wir wurden gebeten, zu zeichnen, nachzudenken und darüber zu sprechen, was wir am meisten brauchen, was wir aktuell tun und was uns glücklich machen würde“, erzählt Ramona, eine der Wiñari-Frauen. Im dabei herausgearbeiteten Aktionsplan stehen unter anderem die folgenden Ziele: Öfen in bequemer Höhe, besser zugängliche Wasserquellen sowie Gemüsegärten zur Selbstversorgung und für mehr finanzielle Sicherheit.
Eine Schwierigkeit bestand dabei in dem oft harschen Klima hoch oben in den Anden. Damit die Wiñari in den Bergen diverse Gemüse anbauen und ernten können, mussten sie zunächst einen geschützten Garten entwerfen, in dem Salat, Mangold und weitere Sorten vor Wind geschützt gedeihen. Eine Hecke schafft mittlerweile ein passendes Mikroklima und lässt neben dem Gemüse auch begehrte Heilpflanzen gedeihen. Eigene Lebensmittel anzubauen, bedeutet auch, dass die Frauen diese nicht einkaufen müssen, somit Geld sparen können und für andere nötige Anschaffungen zur Verfügung haben. Weiterreichende finanzielle Möglichkeiten haben die Frauen, indem sie mit Unterstützung von Plan International eine Spargemeinschaft gebildet haben. Das ermöglicht ihnen nicht nur, für die Zukunft zu sparen, sondern auch einander Kredite zu niedrigen Zinssätzen zu gewähren.
Einen weiteren Schritt in Richtung einer besseren Lebensqualität machten die Frauen mit Unterstützung der örtlichen Mashcana-Stiftung, von der sie die Expertise für den Bau ökologischer und weniger gesundheitsschädlicher Öfen bekamen. Die neuen Kochgelegenheiten können mit alternativen Brennstoffen wie Dung, Stroh oder Torf betrieben werden und verringern die Luftverschmutzung.
Finanzielle Unterstützung für dieses Anliegen konnten die indigenen Frauen beim zuständigen Gemeindeamt beantragen. Das verhalf ihnen zur Umgestaltung ihrer Küchen und Öfen sowie zu einem direkten Zugang zu fließendem Wasser. Waschbecken und Wasserhähne wurden eingebaut. Allesamt Maßnahmen, um das Kochen und Waschen auch im Anden-Hochland zu erleichtern.
„Das Wichtigste ist, dass unsere Gesundheit besser wird. Es ist ein anderes Leben.“
Neben diesen greifbaren Erfolgen des Projekts, stärkt es gleichzeitig das Selbstvertrauen der Frauen. Zu erleben, dass sie belastende Herausforderungen selbst in die Hand nehmen, verändern und dadurch ihr Leben verbessern können, gibt ihnen Zuversicht.
„Mir gefällt an dem Projekt, dass es nicht endet“, erklärt Rossana Viteri, Direktorin von Plan International Ecuador. „Wenn man erst einmal den Herd, das Wasser, den Garten und die Spargruppe hat, muss man darüber nachdenken, was sonst noch im Leben fehlt, und anfangen, dafür zu arbeiten. Sie wissen, dass sie es selbst schaffen können. Es geht darum, kreativ und innovativ zu sein und dafür an viele Türen zu klopfen.“