Der Krieg hat zu großem Leid für Millionen von Menschen geführt. Wichtige Versorgungsgüter wie Lebensmittel, Gas und Wasser sind knapp. Die Situation der Menschen wird sich im nahenden Herbst und Winter noch verschärfen. Sinkende Temperaturen stellen für Millionen behelfsmäßig untergebrachte Familien eine große Herausforderung im Kampf ums Überleben dar. Vor Beginn der kalten Jahreszeit müssen diese Familien Zugang zu sicheren Unterkünften sowie warmer Kleidung, Lebensmitteln, Wasser und anderen wichtigen Gütern bekommen. Eine Herausforderung, die generell für die Infrastruktur in dem osteuropäischen Land gilt: Viele zentrale Institutionen wie Krankenhäuser und Schulen sind nach Angriffen beschädigt worden, sodass es dort an Isolierung und Fenstern sowie an einer funktionierenden Heizung, Strom und/oder Beleuchtung fehlt.
Rund sechs Millionen Ukrainer:innen sind aus ihrer Heimat geflüchtet, weitere 6,3 Millionen von ihnen wurden im Land selbst vertrieben. Doch auch ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn fliehen Ukrainer:innen in die Nachbarländer Moldau, Polen und Rumänien, während anderenorts geflohene Landsleute wieder in ihre Heimat zurückreisen, etwa weil in ihren Wohnorten derzeit nicht mehr gekämpft wird.
Plan International leistet derzeit humanitäre Hilfe in Moldau, Polen und Rumänien sowie in Deutschland. Mittel- und langfristig wird die Kinderrechtsorganisation diese humanitäre Hilfe für geflüchtete ukrainische Kinder fortführen. Zudem hat Plan International eine Registrierung als Nichtregierungsorganisation in der Ukraine selbst beantragt, um dort künftig Kinder sowie den Wiederaufbau zu unterstützen.
Seit der Alltag in der Ukraine vor sechs Monaten schlagartig von Kriegshandlungen und Fluchterfahrungen überlagert wurde, sind die psychischen Folgen für die Menschen dort immens. Vor allem Mädchen und Jungen haben traumatische Erfahrungen gemacht. Die meisten von ihnen können die Ereignisse nicht richtig einordnen, spüren aber die Not und Anspannung ihrer Mütter bzw. Angehörigen und reagieren mit Angst und Verstörung darauf. Selbst nach der Ankunft an einem sicheren Ort tragen Kinder oftmals die unsichtbaren Wunden des bewaffneten Konflikts weiter mit sich. Außerhalb der Ukraine sind sie zwar sicher, doch sie leben in einer fremden Umgebung und haben Bilder im Kopf, wie ihr eigenes Zuhause durch Bomben- oder Raketenangriffe zerstört wurde. Sie bangen um Großeltern, Väter oder Freund:innen, die sie zurücklassen mussten. Deshalb legt Plan International einen Fokus seiner Hilfe auf die psychosoziale Unterstützung von Kindern.
„Jedes Kind, das im Krieg stirbt oder leidet, ist ein Votum gegen die Menschlichkeit.“
Kathrin Hartkopf, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland: „Als Kinderrechtsorganisation ist es uns wichtig, vor allem Kinder zu schützen. Sie sind die verwundbarsten Leidtragenden dieses Krieges. Jedes Kind, das im Krieg stirbt oder leidet, ist ein Votum gegen die Menschlichkeit. Wir haben deshalb sichere Räume, so genannte Safe Spaces, für Kinder in Polen, Moldau und Rumänien geschaffen. Das sind zum Beispiel Kindergärten in Übergangsunterkünften, in denen wir Spiel- und Malstunden anbieten, damit Mädchen und Jungen für einige Stunden in ihrer kindgerechten Rolle sein und wieder etwas wie Normalität erleben dürfen. Auch arbeiten wir dort mit Therapeut:innen, Psycholog:innen und Erzieher:innen, die Kindern helfen, das Erlebte zu verarbeiten.“
Der Konflikt in der Ukraine droht, die Bildungschancen einer ganzen Generation von Kindern zu gefährden. Jede fünfte Schule in der Ukraine wurde beschädigt. Dabei ist auch und gerade die Schule ein entscheidender Anker für Mädchen und Jungen, um wieder ein Gefühl von Sicherheit und Normalität zu bekommen. Über Partnerorganisationen in Moldau, Polen und Rumänien sorgt Plan International dafür, dass geflüchtete Kinder zum Unterricht zurückkehren. Örtliche Gemeinden werden dabei unterstützt, geflüchtete Familien aufzunehmen – unter anderem, indem sie mit Schulmaterialien und Mobiliar ausgestattet werden. Der Sprachunterricht wird gefördert, um den Bedürfnissen der geflüchteten Kinder gerecht zu werden.
Im Fokus der Hilfe stehen für Plan International auch Frauen, die allein auf der Flucht sind. Ihnen drohen sexuelle Übergriffe, denn die Gefahr endet meist nicht, wenn sie dem unmittelbaren Konflikt entkommen sind. Gerade an den Grenzübergängen gibt es ein erhöhtes Risiko, Opfer von Menschenhandel, sexualisierter Gewalt oder ausbeuterischer Arbeit zu werden. Das gilt vor allem für junge Frauen, die nicht von Familienmitgliedern begleitet werden, die ihre Papiere bei der Flucht verloren haben oder nicht mitnehmen konnten. Sie geraten leicht in die Hände von vermeintlichen Freiwilligen, die eine Unterkunft oder einen Transport anbieten, jedoch in Wahrheit Menschenhandel betreiben. Im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine unterstützt Plan International diese Gruppe von Geflüchteten ganz gezielt. So haben wir dort über Partnerorganisationen 10.000 sogenannter „Dignity Kits“ verteilt, die neben wichtigen Hygieneartikeln auch Informationen für den Schutz – etwa vor sexualisierter Gewalt – enthalten.
Wir unterstützen zudem lokale Partnerorganisationen in Moldau, Polen und Rumänien, die Programme zum Kinderschutz durchführen. So soll möglichst vielen geflüchteten Familien bei der Eingewöhnung im Gastland geholfen werden und ihnen ein Angebot zur Förderung der psychischen Gesundheit sowie psychosozialen Unterstützung gemacht werden. Zudem werden Familien in Transitregionen mit Bargeld und/oder Gutscheinen ausgestattet, damit sie sich entsprechend ihrer Prioritäten mit dem Nötigsten versorgen können.