Einst Patenkind, jetzt Helferin: „Was wir tun, verändert das Leben der Mädchen“

Foto: Plan International

Wie nachhaltig kann eine Patenschaft das Leben eines Mädchens verbessern? Wie beeinflusst sie zudem das Leben anderer Mädchen in den Plan-Gemeinden? Ein ehemaliges Patenkind und vier Plan-Projektteilnehmerinnen erzählen ihre Geschichten.

Cássia aus Brasilien erinnert sich gern an den Moment, als sie ein Plan-Patenkind wurde. „Mein Pate war sehr aktiv und schrieb mir Briefe.“ Er ermutigte nicht nur sie, ihre schulische Ausbildung weiterzuführen, sondern die Patenschaft beeinflusste auch das Leben von anderen Kindern in Cássias Gemeinde – das hatte die heute 21-Jährige selbst erlebt. Mit ihrer Mutter, ihrem Onkel, drei Schwestern und zwei Brüdern lebt sie in einem Dorf im brasilianischen Bundesstaat Maranhão. Als Kind wurden ihr die typischen Geschlechternormen vorgelebt, ihre Schwestern und sie waren für alle Aufgaben im Haushalt zuständig, während ihre Brüder spielten und ihre Kindheit genossen.

Doch 2013 änderte sich alles: Plan International startete in ihrer Gemeinde ein neues Projekt namens „Leaders of Change“. Das Projekt fördert die aktive Beteiligung von Jugendlichen an Diskussionen und Überlegungen zu geschlechtsspezifischen Ungleichheiten, die sich auf das Leben von Mädchen und Jungen auswirken und zu Ausgrenzung, Gewalt und Diskriminierung führen. „Ich habe viel gelernt. Mädchen haben Rechte. Das habe ich auch in unserem Zuhause durchgesetzt“, sagt sie stolz. „Mit den Mitteln aus den Patenschaften ist Plan International in der Lage, Bildungsprojekte wie dieses und weitere Aktivitäten für alle Kinder in der Gemeinde durchzuführen“, erklärt Cássia.  

Eine junge Frau steht im T-Shirt vor einem Gebäude, sie hält ein Bild von sich beim Schulabschluss in der Hand
Cássia mit einem Foto von sich beim Schulabschluss. Plan International

Cássias Traum ist es, in ihrer Gesellschaft Veränderungen zu bewirken. Sie arbeitet inzwischen selbst bei Plan International: „Als ich 18 wurde, fing ich eine Ausbildung bei Plan an. Ich konnte sehen, wie das Team arbeitet. Wenn die Mitarbeitenden zum Workshop kommen, ist alles fertig und vorbereitet. Ich dachte, es muss wunderbar sein, bei Plan zu arbeiten. Und das ist es auch. Wir lernen die Mädchen, die an den Projekten teilnehmen, kennen und erfahren, worüber sie sich Gedanken machen und was ihre Ansichten sind. Was die Mädchen sagen, motiviert mich immer mehr, weiterzumachen. Was wir tun, verändert das Leben der Mädchen und Jungen in den Gemeinden. Ich bin heute 21 Jahre alt, ich könnte eine Mutter sein, eine Familie haben. Aber durch die Projekte von Plan haben sich meine Möglichkeiten erweitert, ich habe meine Denkweise geändert. Heute helfe ich anderen Mädchen dabei, den eigenen Weg zu gehen.“ 

Ruby hinterfragt Stereotypen

Mit 18 Jahren war Ruby eine der führenden Plan-Jugendaktivist:innen in ihrer Gemeinde in den südlichen Außenbezirken der indischen Metropole Delhi. Sie nutzte ihre Stimme, um sich für die Sicherheit von Mädchen und Frauen im öffentlichen Raum einzusetzen – und hinterfragte die Art und Weise, wie Mädchen und Frauen in Filmen, der Werbung und den Medien dargestellt werden: „In Filmen werden Frauen immer als schwache und machtlose Wesen dargestellt“, sagt Ruby. „Auf der Leinwand und im wirklichen Leben werden Mädchen und Frauen abgewertet und dies wird als normal akzeptiert. Das muss sich ändern!“  

Und weiter: „Nehmen wir meinen Fall: Ich möchte Anwältin werde, aber ich werde täglich von anderen gewarnt, dass ich in der großen, harten, von Männern dominierten Welt der Justiz nicht bestehen werde. Man rät mir immer, aufzugeben. Der Beruf wird auf dem Bildschirm als Männerwelt dargestellt – voller Betrug und hinterhältigen Machenschaften. Die meisten Eltern zögern, ihre Töchter Anwältinnen werden zu lassen. Aber ich weigere mich, mich zu beugen. Alle, die nicht unabhängig sind, haben keine Identität. Die einzige Möglichkeit für Mädchen, eine eigene Identität zu erlangen, ist, auf eigenen Füßen zu stehen. Deshalb sage ich meinen Freundinnen: Lasst euch Ungerechtigkeit nicht gefallen und erhebt eure Stimme.“ 

Ob bei der Wahl ihrer Karriere oder beim Selbstbewusstsein – die Plan-Projekte, an denen Ruby als Jugendliche teilgenommen hat, haben ihren Lebensweg beeinflusst. „Ich habe am Projekt ‚Safer Cities‘ teilgenommen und das hat mein Leben verändert. Ich habe das, was ich gelernt habe, auch in meinem Leben angewendet. Als ich dann die Chance bekam, anlässlich des Welt-Mädchentags einen Tag lang die Position von Radiomoderatorin RJ Ginnie zu übernehmen, wurde ich von allen in meiner Umgebung als RJ Ruby angesprochen. Die Leute, die vorher dachten, dass ich nichts erreichen kann, erkannten plötzlich mein Potenzial.“ 

Eine junge Frau sitzt im Schneidersitz auf dem Boden, sie hat ein aufgeschlagenes Buch im Schoß liegen
Ruby möchte Anwältin werden. Davinder Kumar

Pauline ist global für Mädchenrechte aktiv 

„Mein Leben ist ein klares Beispiel für Plan Internationals Einsatz für junge Frauen“, sagt Pauline aus Liberia. Sie war bereits als jugendliche Aktivistin bei Plan engagiert und schreibt der Kinderrechtsorganisation eine Schlüsselrolle bei ihrer Entscheidung zu, die „Girls Health Alliance“ (GHA) zu gründen. Die GHA ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich für eine Gesellschaft einsetzt, in der jedes Mädchen das Recht auf Gesundheit und Gleichberechtigung hat, frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt.

Eine Frau hält einen Rahmen mit dem Logo der Girls Health Alliance hoch und schaut hindurch
Pauline engagiert sich in der Girls Health Alliance für Mädchen. privat

„Eine Jugendaktivistin für Plan International gewesen zu sein, werde ich immer in Ehren halten – ich engagiere mich weiterhin für die Rechte von Mädchen rund um den Globus. Die Teilnahme an Plan-Projekten hat mich zu einer globalen Vorkämpferin für Mädchenrechte gemacht“, sagt Pauline heute. Aktuell ist sie bei UN Women aktiv, Teil der „Women Deliver Young Leaders Class of 2020“ und Mitglied der Arbeitsgruppe „Umfassende Sexualerziehung“ der Jugendkoalition für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte. „Meine Leidenschaft für Mädchenrechte und Geschlechtergerechtigkeit hat mich mit der Unterstützung von Plan International und seinen Partnern so weit gebracht. Das Wissen und die Erfahrung, die ich bei Plan gesammelt habe, sind mehr wert als eine Million Dollar. Ich habe dadurch Selbstvertrauen gewonnen, bin mutig geworden und habe mich als Anwältin ausbilden lassen.“ 

„Das Wissen und die Erfahrung, die ich bei Plan gesammelt habe, sind mehr wert als eine Million Dollar.“

Pauline, Gründerin der Girls Health Alliance und ehemalige Projekt-Teilnehmerin bei Plan International

Heute ist Pauline zwar nicht mehr als Jugendaktivistin für Plan engagiert – sie ist inzwischen 27 Jahre alt – doch ihre Organisation ist und bleibt ein wichtiger Partner. „Ich habe die Girls Health Alliance 2018 gegründet. Unser Auftrag ist es, die Rechte von Mädchen auf Gesundheit und Gleichberechtigung zu vertreten und zu fördern.“  

200 junge Menschen aus sechs Gemeinden wurden durch die GHA geschult und dazu befähigt, sich als Aktivist:innen für Mädchenrechte stark zu machen. Innerhalb von zehn Jahren möchte Pauline mit ihrer Organisation in einem Pilotprojekt Jugendliche zu Führungspersönlichkeiten ausbilden und so eine Gemeinschaft von 5.000 Fürsprecherinnen für die Gesundheit und Rechte von Mädchen in lokalen Gemeinschaften in ganz Liberia aufbauen. 

Subhashini klärt Mädchen über ihre Rechte auf. Girls Advocacy Alliance / Ilvy Njiokiktjien

Subhashini verhindert Kinderehen 

Als Subhashini 13 Jahre alt war, kam eine ihrer Klassenkameradinnen nicht mehr zum Unterricht. Sie würde heiraten, hieß es. „Ich kannte das gesetzliche Mindestalter der Ehe nicht“, sagt Subhashini. „Aber ich fühlte, dass es nicht richtig ist.“ Die Mädchen aus ihrem Heimatdorf im südlichen Zentralindien waren sich einig, dass sie das nicht einfach hinnehmen wollten. Sie fingen an, miteinander zu diskutieren und informierten schließlich die Lehrer:innen. Doch die erhielten von den Eltern lediglich die Antwort, dass sie jedes Recht hätten, ihre Tochter zu verheiraten. Diese Ohnmacht motivierte Subhashini und ihre Freundinnen nur noch mehr – und sie brachten ihre Lehrer:innen dazu, sich an die Polizei zu wenden. Kinderehen sind in Indien seit 2006 offiziell verboten, die Hochzeit wurde gestoppt.  

 

„Ich habe durch meine Teilnahme an den Plan-Projektaktivitäten Selbstvertrauen und ein Bewusstsein und Verständnis für Rechte entwickelt.“

Subhashini, ehemalige Plan-Projektteilnehmerin

2018 trat Subhashini der „Girls Advocacy Alliance“ bei, einem Plan-Projekt, das sich für die Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Mädchen einsetzt. Dort konnte sich die junge Frau die nötigen Fähigkeiten aneignen, um den Kampf für ihre Rechte fortzuführen. Als sogenannte Jugendanwältin baute sie ein Netzwerk gegen Kinderehen in ihrer Gemeinde auf. Heute sagt sie: „Ich habe durch meine Teilnahme an den Plan-Projektaktivitäten Selbstvertrauen und ein Bewusstsein und Verständnis für Rechte entwickelt. Diese Fähigkeiten haben mir nicht nur in meiner Studienzeit geholfen, sondern auch in meinem derzeitigen Arbeitsumfeld.“ 

Subhashini arbeitet heute in der Buchhaltung eines Supermarkts. Doch wann immer sie Zeit in ihrem hektischen Alltag findet, erzählt sie den Kindern in ihrem Dorf von ihren Rechten, informiert über Notfall-Hotlines und ist Gesprächspartnerin für Gleichaltrige, damit auch sie die Chance haben, ihre Stimme zu nutzen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.  

Eine junge Frau schaut ernst in die Kamera
Die Klimaaktivistin Marinel Ubaldo Greenpeace / Michael Nagle

Marinel kämpft gegen den Klimawandel

In Marinels Heimat, den Philippinen, sind die Folgen der globalen Erwärmung deutlich spürbar. Immer wieder kommt es zu heftigen Wirbelstürmen – im November 2013 zerstörte der Taifun „Yolanda“ ihr Dorf Matarinao und forderte mehr als 6.000 Todesopfer, darunter auch Menschen, die Marinel nahestanden. Damals war sie 16 Jahr alt und beschloss, für den Klimaschutz zu kämpfen. Als Jugendaktivistin bei Plan International klärte sie Kinder und Jugendliche darüber auf, wie man Verantwortung für Natur und Umwelt übernehmen kann. „Plan hat an mein Potenzial geglaubt“, sagt die heute 25-Jährige. „Ich habe dort von der Bewegung für Klimagerechtigkeit erfahren und gelernt, wie wichtig es ist, dass Kinder und Frauen an Entscheidungsprozessen beteiligt werden, insbesondere bei Themen, die sie betreffen.“

Bildung leistete auf ihrem Weg einen wichtigen Beitrag: „Plan hat über sein Länderbüro in Deutschland meine Hochschulausbildung unterstützt und mir so geholfen, mein Ziel zu erreichen, Sozialarbeiterin zu werden.“ Aktuell absolviert Marinel ein Studium an der Duke University in den USA, Plans Aktivitäten unterstützt sie weiterhin – etwa bei digitalen Panel-Diskussion zum Thema Klimaschutz.

Mit einer Patenschaft helfen

Sie möchten einem Kind die Chance geben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und die eigenen Träume zu verfolgen – so wie Cássia, Pauline, Ruby und Subhashini? Mit der Übernahme einer Patenschaft in einem unseren Programmländern in Afrika, Asien und Lateinamerika unterstützen Sie nicht nur ihr Patenkind auf seinem Weg, sondern auch seine Familie und die gesamte Gemeinde. 

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