Hunger in … Mosambik
- 80 Prozent der Menschen können sich keine ausreichende Ernährung leisten
- 42,3 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind unterernährt und unterentwickelt
Mit 15 Jahren wurde Beti zur Waise. Mutter und Vater verlor sie während des bewaffneten Konflikts in ihrer Heimat Mocimboa da Praia, einem Bezirk, der ganz im Norden Mosambiks in der Provinz Cabo Delgado liegt. Nach dem Tod ihrer Eltern verließen sie, ihre sieben Geschwister und ihre Großeltern ihr Zuhause und flohen in Richtung Süden. Seitdem sind sie sogenannte Binnengeflüchtete und leben in einem Aufnahmezentrum. Als dann Betis Großvater vor fast einem Jahr erkrankte und verstarb, übernahm Beti die Sorge für ihre sieben Geschwister und ihre 62-jährige Großmutter Julieta.
Die Auswirkungen der anhaltenden Dürre im Osten Afrikas sind auch hier weiter südlich auf dem Kontinent zu spüren. „Als ich in Mocimboa war, ging ich zur Schule“, sagt die 15-Jährige. „Ich war in der siebten Klasse. Wenn ich zurückkam, half ich meiner Mutter auf unserem Hof. Wir hatten viel Land und immer etwas zu essen. Jetzt haben wir nichts mehr, weil das Land trocken ist.“ Hinzu kommt, dass es im Camp nur wenige Möglichkeiten gibt, etwas für den Lebensunterhalt zu verdienen. Hunger und Ernährungsunsicherheit sind untern den Binnenvertriebenen weit verbreitet.
Bei Beti und ihrer Familie sind die Lebensmittel inzwischen so knapp, dass sie am Ende des Monats oft nur eine Mahlzeit pro Tag bekommen. Wenn die Rationen zur Neige gehen, fragt Beti Nachbarinnen, ob sie etwas Essen entbehren können, oder sie sucht im Umfeld des Camps nach Kräutern für die Zubereitung von Tee. „Manchmal haben die Nachbarinnen Mitleid mit uns, weil sie unsere Situation kennen. Die meisten Frauen haben Hilfe von ihren Ehemännern. Ich bin allein, weil die Kinder keine Eltern haben“, sagt Betis Großmutter Julieta.
Heute gibt es gegen den Hunger für die neun Familienmitglieder nur Tee und eine Tasse Reis, die eine Frau, die in der Nähe wohnt, mit der Familie geteilt hat. „Ich lasse die Kinder zuerst essen“, erklärt Julieta. „Ich will nicht, dass sie krank werden. Sie müssen sich um mich kümmern.“
In Mosambik sind die Mädchen häufig für die Beschaffung von Lebensmitteln für die ganze Familie verantwortlich. Sie holen Wasser und kümmern sich um ältere Menschen. Aus diesem Grund musste Beti die Schule abbrechen. Die nächstgelegene Schule ist 16 Kilometer vom Geflüchteten Camp entfernt – ein zu langer Weg, um sich neben dem Unterricht noch um die Familie kümmern zu können. Statt im Klassenzimmer zu lernen, sehen die Tage der 15-Jährigen daher so aus: „Wenn ich aufwache, putze ich das Haus. Dann wasche ich Geschirr und schmutzige Töpfe ab. An den meisten Tagen spiele ich mit den jüngeren Geschwistern, wenn sie aus der Grundschule kommen.“ Ihre Großmutter ergänzt: „Wenn Beti zur Schule gehen würde, gäbe es niemanden, der mir hilft, Essen zu finden oder sich um die anderen Kinder zu kümmern. Die weiterführende Schule ist weit weg und ich kann es mir nicht leisten, sie dorthin zu schicken.“
Könnte sie zur Schule gehen, dann würde Beti später gern Krankenschwester werden – doch dieser Traum ist für sie nun in weite Ferne gerückt.
Lebensmittelknappheit kann verheerende Auswirkungen haben – auf die Bildung von Mädchen und weitere Bereiche in ihrem Leben. Viele von ihnen sind in Zeiten wie diesen auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen und werden dadurch verletzlich: Manche werden genötigt, sexuelle Gefälligkeiten auszutauschen gegen ein bisschen Nahrung. Andere werden ausgebeutet. Wieder andere verrichten Kinderarbeit. Mit jedem Tag, der vergeht, wird das Problem ernster.
Als Reaktion auf die Ernährungskrise in Cabo Delgado setzt sich Plan International dafür ein, dass Mädchen, Frauen und andere gefährdete Gruppen vor Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden. „Wir stärken ihre Stimme und stellen sicher, dass ihre Würde im Camp gewahrt bleibt“, sagt Adalvira dos Santos, Kinderschutzbeauftrage bei Plan International. Zu unserer Hilfe vor Ort gehört auch das Projekt „Bildung in Not“, das Kinder darin unterstützt, weiter zur Schule gehen zu können. „Wir tun unser Bestes, um wenigstens das sicherzustellen. Wir haben 2.000 Rucksäcke mit Schulmaterialien verteilt. So wurden die Eltern von der Last, diese zu finanzieren, befreit“, so die Plan-Mitarbeiterin.
Katharina Hofmann hat Betis Geschichte mit Matrial aus dem mosambikanischen Plan-Büro aufgeschrieben.