Zelte und Behelfsunterkünfte, so weit das Auge reicht: Das Camp für Binnenvertriebene in der Region Toghdeer in Somaliland beherbergt Tausende von Binnenvertriebenen. Sie mussten aus ihrer Heimat fliehen, weil die Auswirkungen des Klimawandels in der Region zu einer verheerenden Dürre geführt hat, die Lebensgrundlagen ruiniert und den Viehbestand vernichtet hat.
Die 41-jährige Qadan ist eine derjenigen, die mit ihrer Familie in dem Camp leben. „Die Situation ist hart für uns Frauen und unsere Kinder“, sagt sie. Eine der vielen Herausforderungen: Der Mangel an medizinischen Einrichtungen im Lager bedeutet, dass die Menschen viele Kilometer laufen müssen, um die nächste Stadt zu erreichen, wo sie behandelt werden können.
„Auf der Straße zwischen dem Camp und der Stadt ist es schon zu Übergriffen, Vergewaltigungen und sogar Morden gekommen.“
„Ich selbst habe Neurodermitis und brauche verschiedene Medikamente“, berichtet Qadan. „Das nächstgelegene Gesundheitszentrum ist 14 Kilometer entfernt. Frauen und Kinder, die krank oder verletzt sind, müssen dorthin laufen. Der Weg ist sehr beschwerlich. Auf der Straße zwischen dem Camp und der Stadt ist es schon zu Übergriffen, Vergewaltigungen und sogar Morden gekommen.“
Diejenigen, die bereit sind, die Gefahren auf dem langen Fußmarsch in Kauf zu nehmen, können sich die Kosten für die medizinische Behandlung meist nicht leisten. Plan International führte eine Bedarfsanalyse durch und stellte in Gesprächen mit der Gemeinde fest, dass der Mangel an Gesundheitsdiensten verheerende Auswirkungen auf Kinder, Frauen und ältere Menschen hat.
Um dieses Problem anzugehen, wurde gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium ein Programm entwickelt, das durch mobile Kliniken Gesundheitsdienste für Menschen bereitstellt, die in abgelegenen und schwer zugänglichen Gebieten, wie zum Beispiel Vertriebenencamps, leben. Die Kliniken sollen über einen Zeitraum von fünf Jahren 231.000 gefährdete Frauen, heranwachsende Mädchen und Kinder versorgen.
Das Projekt stärkt die bestehenden Gesundheitssysteme und entwickelt klinische Standards und Leitlinien, um sicherzustellen, dass auch die am stärksten marginalisierten Menschen Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung haben. Die Kliniken sind spezialisiert auf die Krankheiten, für die Kinder in der Region anfällig sind – Malaria, Durchfallerkrankungen und Lungenentzündungen – sowie auf Komplikationen während der Schwangerschaft und bei Geburten.
Für Sadia Allin, die Länderdirektorin von Plan International Somalia, ist das Projekt von entscheidender Bedeutung: „Bevor es dieses Projekt gab, verließ ich das Lager immer mit gebrochenem Herzen. Ich fühlte mich hilflos, wenn eine Mutter mit einem kranken Kind auf mich zukam und mich fragte, ob ich helfen könne. Heute bin ich so dankbar, wenn ich sehe, dass Mütter die nötige Hilfe bekommen und Kinder entweder im Lager behandelt oder an das nächste Krankenhaus überwiesen werden.“
„Bevor es dieses Projekt gab, verließ ich das Lager immer mit gebrochenem Herzen. Ich fühlte mich hilflos.“
Somalia hat weltweit eine der höchsten Sterblichkeitsraten bei Kindern unter fünf Jahren und mehr als 90 Prozent der Frauen und Mädchen sind von weiblicher Genitalverstümmelung (englisch „Female Genital Mutilation“, kurz FGM) betroffen. FGM kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.
Ein wichtiger Teil des Projekts besteht in der Behandlung von Frauen, die an Folgen der Genitalverstümmelung leiden, etwa Infektionen, Fisteln oder extremen Menstruationsbeschwerden. Doch vielen Gesundheitskräften vor Ort fehlt es an Fachwissen, um FGM-Komplikationen behandeln zu können. Daher werden im Rahmen des Projekts Fachkräfte entsprechend weitergebildet.
„FGM-Überlebende mit Gewebeschäden werden operiert, um den Schaden zu minimieren“, erklärt Sadia. „Dieses Projekt rettet Leben, schützt die Würde der Frauen und gibt Menschen wie mir Hoffnung.“
Dass es nun Gesundheitsdienste direkt im Lager gibt, hat zu einem positiven Wandel in der Gemeinschaft beigetragen. Denn Angebote wie diese sind wichtige Schritte, um den Bedürfnissen der Frauen und Kinder in ihrem Lebensumfeld gerecht zu werden.
„Wir hatten keinen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen“, berichtet Qadan. „Vor der mobilen Klinik hatte ich Schwierigkeiten, die Medikamente zu bekommen, die ich für meine Haut benötigte. Jetzt muss ich mich nicht mehr dem Risiko aussetzen, bis in die Stadt zu laufen.“
„Jetzt muss ich mich nicht mehr dem Risiko aussetzen, in die Stadt zu laufen, um die Behandlung zu bekommen, die ich brauche.“
Das Projekt zur Stärkung der Gesundheitsdienste ist auf fünf Jahre (2023-2028) angelegt und wird vom internationalen Partnern finanziert. Dabei versorgen mobile Kliniken marginalisierte Frauen, heranwachsende Mädchen und Kinder mit Gesundheitsdiensten und stärken die Kapazitäten des Gesundheitspersonals. Zusätzlich erhalten Jugendliche einen verbesserten Zugang zu jugendgerechter Aufklärung über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte.
Dieser Artikel wurde mit Material aus dem somalischen Plan-Büro erstellt.