Saliou (49) ist mit einer Gehbehinderung zur Welt gekommen. In ihrer Heimat Guinea bedeutet das normalerweise den Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben. Keine Möglichkeit, die Schule zu besuchen – geschweige denn, eine Ausbildung zu erhalten. Dies sind Diskriminierungen, mit denen sich Menschen mit Behinderung in dem westafrikanischen Land konfrontiert sehen. Doch Saliou wollte dies schon als Kind nicht akzeptieren.
Geboren in einer Kleinstadt im Norden Guineas, baut Saliou schon als junges Mädchen Feldfrüchte an, um für sich selbst sorgen zu können. Ihre selbsterarbeitete Unabhängigkeit verschaffte der Frau schon frühzeitig Respekt und sorgt dafür, dass die Menschen in ihrer Gemeinde sie nicht ausgrenzen: „Ich habe von klein auf meine Tage mit den anderen Kindern im Dorf verbracht, vor allem mit den Mädchen“, erinnert sich Saliou. „Manchmal habe ich mich als Friseurin geübt und ihnen Zöpfe geflochten“, kichert sie.
Einige Jahre später fängt sie an, sich im Nähen zu üben. „Ich nähte zunächst Kinderkleider und verschenkte sie“, erzählt Saliou. „Das kam bei den Eltern sehr gut an.“
Aufgrund der großen Nachfrage nach ihren Kleidungsstücken beschließt sie damals, ihr Angebot zu erweitern und auch Kleidung für Erwachsene herzustellen – mit Erfolg. Denn bald schon bietet sie auch ihre Haarflechtkünste an. „So bin ich Friseurin und Schneiderin geworden“, sagt sie. „Meine Eltern waren stolz auf mich und freuten sich mit mir, dass ich den Mut hatte, meinen eigenen Weg zu gehen, trotz der Diskriminierungen, die Menschen mit Behinderungen in meinem Land erfahren.“
„Jeden Tag bekomme ich Anfragen von Familien, die ihre Töchter zum Nähen schicken wollen. Aber aus Platzgründen kann ich nicht alle aufnehmen.“
Über 30 Jahre lang führt Saliou mit ihrem Einkommen ein unabhängiges Leben. Sie heiratet, zieht zwei Kinder groß. Beide sind inzwischen erwachsen. Nun möchte die 49-Jährige etwas unternehmen, um jungen Frauen in ihrer Stadt zu helfen, ebenso unabhängig zu sein und sich selbst zu versorgen. In ihrer Nähwerkstatt bildet sie aktuell 13 Mädchen aus ihrer Gemeinde und den umliegenden Dörfern aus. Die Fortschritte bleiben jedoch überschaubar, da es in ihrer Werkstatt nicht genug Nähmaschinen gibt. „Ich würde mich gern vergrößern, denn ich habe keinen Platz mehr, um neue Auszubildende einzustellen“, sagt Saliou. „Jeden Tag bekomme ich Anfragen von Familien, die ihre Töchter zum Nähen schicken wollen. Aber aus Platzgründen kann ich nicht alle aufnehmen.“
Im Rahmen eines von der Europäischen Union (EU) finanzierten Projekts von Plan International hat die Kinderrechtsorganisation Salious Werkstatt drei neue Nähmaschinen zur Verfügung gestellt – insgesamt hat Saliou nun sieben Maschinen. Das Projekt hat zum Ziel, die Selbstständigkeit von Frauen zu stärken und Jugendliche in ihrer beruflichen Entwicklung zu unterstützen.
„Der Bedarf ist nach wie vor da und meine Ambitionen für die Werkstatt sind groß“, sagt die 49-Jährige. „Ich habe 13 Auszubildende, die an den sieben Nähmaschinen lernen. Aktuell müssen sie sich abwechseln. Zukünftig möchte ich noch mehr Mädchen dabei helfen, einen Beruf zu erlernen, damit sie unabhängig sind.“
Der Artikel wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Guinea erstellt.