Die 38-jährige Helena sitzt auf einer Schilfmatte, die sie vor ihrer Hütte auf dem roten Sand ausgebreitet hat, und spricht einfühlsam mit einer Gruppe von Männern und Frauen. Ihr Auftreten strahlt Zuversicht aus, die anderen hören ihren Worten aufmerksam zu. Noch vor wenigen Jahren wäre ein solches Szenario undenkbar gewesen. Damals war Helena zu schüchtern, um ihre Meinung zu äußern – nicht, dass die Gemeinde diese überhaupt zur Kenntnis genommen hätte.
Helena lebt in einem Dorf im Bezirk Jangamo im Südosten Mosambiks mit ihren drei Töchtern im Alter von vierzehn, zehn und sechs Jahren. Sie ernährt ihre Familie durch den Anbau und Verkauf von Maniok. Der Vater der Mädchen kommt einmal im Monat nach Hause, ansonsten lebt er mit seiner ersten Frau zusammen. Polygamie, also Ehen mit mehr als zwei Partnern, hat in Mosambik keine rechtliche Grundlage. Es ist allerdings auch nicht strafbar und wird immer noch praktiziert, vor allem in ländlichen Gebieten.
„Ich wurde eine zweite Frau, weil ich niemanden hatte, der mich unterstützte“, sagt Helena. „Ich sah keine andere Möglichkeit. Ich hätte gerne eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, aber ich war gezwungen, die Schule abzubrechen. Wenn ich gewusst hätte, was ich jetzt weiß, hätte ich mich anders entschieden.“
Als Helena von der Möglichkeit erfuhr, in Workshops von Plan International mehr über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) zu erfahren, beschloss sie sofort, dass sie an den Schulungen teilnehmen wollte.
„Ich dachte, dass eine Frau immer zu allem Ja sagen muss, was der Mann sagt - zum Beispiel zum Sex.“
„Alles, was ich gelernt habe, war neu für mich“, berichtet die dreifache Mutter. „Ich hatte vorher sehr wenig Wissen über sexuelle und reproduktive Gesundheit. Ich wusste auch nicht, dass ich Rechte habe. Ich dachte, dass eine Frau immer zu allem Ja sagen muss, was der Mann sagt – zum Beispiel zum Sex.“
Helena informierte sich über Familienplanung und begann mit der Einnahme von Verhütungsmitteln. Heute erklärt sie auch anderen Frauen, welche Rechte und Optionen sie haben und rät ihnen, darüber nachzudenken, wann sie Kinder haben wollen und wie viele.
Sie wurde auch ermutigt, offener mit ihren Kindern zu sprechen und deren Ansichten zu respektieren. Dieser Ansatz war für Helena, die an eine autoritäre Erziehung gewöhnt war, neu. Doch als sie den Rat befolgte, merkte sie bald, wie sich ihr Verhältnis zu ihren Töchtern verbessezu verbessern begann.
Jetzt kann Helena offen mit ihren Kindern über Menstruation, Sex und die Rechte von Mädchen sprechen. „Ich wünsche mir, dass meine Kinder auf eine Universität gehen, aber ich weiß nicht, wie ich das finanzieren soll. Zumindest will ich verhindern, dass sie jemandes Zweitfrau werden.“
Nach der Schulung wuchs Helenas Selbstvertrauen, und sie begann, die Leitung bei den von Plan International ins Leben gerufenen Diskussionen in der Gemeinde zu übernehmen. Dort kommen die Dorfbewohner:innen zusammen, um über Themen wie Kinderheirat, Teenagerschwangerschaften und Menstruationsgesundheit zu sprechen.
Helena sagt, sie habe in ihrer Gemeinde bereits einen Wandel feststellen können, etwa einen stärkeren Fokus auf die Bildung von Mädchen und einen Rückgang der häuslichen Gewalt. Heute leitet Helena eine Gruppe von 20 Frauen und 20 Männern, die zusammenarbeiten, um die Herausforderungen in ihrer Gemeinde zu erkennen und Lösungen zu entwickeln.
„Ich bin zu einer Person geworden, die von anderen um Rat gefragt wird.“
„Als ich anfing, anderen wichtige Informationen und Trainings anzubieten, verbesserte sich mein Selbstwertgefühl“, sagt Helena. „Auch mein Status hat sich völlig verändert. Ich bin zu einer Person geworden, die von anderen um Rat gefragt wird.“
Helena ist besonders stolz darauf, dass sie vielen Mädchen im Teenageralter helfen konnte, ihre Schulbildung fortzusetzen, indem sie sie ermutigte, in der Schule zu bleiben, anstatt früh zu heiraten und schwanger zu werden. Sie hat zahlreiche Mädchen und Frauen an die Dienste des Jangamo-Gesundheitszentrums verwiesen, das kostenlose Beratung und Verhütungsmittel sowie bei Bedarf auch sichere Abtreibungen anbietet.
Diese lebenswichtigen Dienstleistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit sind in Helenas Gemeinschaft noch nicht ausreichend bekannt, und es kursieren viele Falschinformationen über Verhütung. Viele Menschen denken zum Beispiel, dass sie durch Verhütung oder Abtreibung dauerhaft unfruchtbar werden. Aber Helena ist schnell zur Stelle, um solche Missverständnisse zu korrigieren.
Auch bei den Männern in ihrer Gemeinde, die früher nicht bereit waren, sich die Meinung einer Frau anzuhören, hat Helena erhebliche Fortschritte erzielt: „Anfangs war es schwierig, den Männern klarzumachen, dass Frauen ihre eigenen Entscheidungen über ihren Körper treffen sollten. Schließlich begannen viele zu erkennen, dass sie selbst nichts tun wollen, wozu sie gezwungen werden.“
Traditionelle Überzeugungen und Wahrnehmungen sind nicht leicht zu ändern, und Helena stößt immer noch auf viel Widerstand. Sie erklärt, dass einige Eltern glauben, ein offenes Gespräch über Verhütung würde junge Menschen zum Sex verleiten.
„Wenn wir keine Informationen weitergeben, werden sie trotzdem Sex haben, nur mit schwerwiegenderen Folgen.“
„Ich erkläre immer, dass wir junge Menschen dabei unterstützen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Wenn wir keine Informationen weitergeben, werden sie trotzdem Sex haben, nur mit schwerwiegenderen Folgen“, schließt Helena.