„Früher habe ich mich nie darum gekümmert, was meine Familie isst. Für mich war Essen einfach nur Essen und das war's“, sagt Solange. Die 27-jährige ist eine von vielen jungen Müttern in Ruandas Geflüchtetencamps, denen nicht bewusst war, wie wichtig nahrhafte und gesunde Ernährung ist, auch und gerade für Kinder. Das hat sich nun geändert.
In den Kochvorführungen und Trainings der örtlichen Schulernährungsclubs lernen Solange und die anderen Teilnehmenden, wie sie nahrhafte Mahlzeiten für sich und ihre Familien zubereiten und so Mangelernährung vorbeugen können. Plan International hat die Kurse ins Leben gerufen, bei denen es viele wissenswerte Informationen gibt, wie man nahrhafte Mahlzeiten aus lokal verfügbaren Zutaten zubereitet. „Ich gehörte zu den Eltern, die nicht wussten, wie man gesundes Essen kocht. Aber jetzt habe ich es gelernt“, freut sich Solange.
„Jeden Tag achte ich darauf, dass meine Familie kräftigende Mahlzeiten zu sich nimmt.“
In insgesamt fünf Geflüchtetencamps in Ruanda gibt es inzwischen solche Ernährungsclubs. Damit fördert Plan International nicht nur die Kochkünste von Schüler:innen, sondern vermittelt ihnen auch wertvolles Wissen über gesunde Ernährung. Informationen, die sie weitergeben, auch an Gleichaltrige in umliegenden Gemeinden. Ganze 50 Kochvorführungen haben bereits in jedem der Camps stattgefunden, mit insgesamt 2.500 Teilnehmenden.
Grundsätzlich richten sich die Kurse an alle Mitglieder einer Gemeinschaft. Besonders angesprochen sind aber zwei Zielgruppen: Das sind einmal werdende oder stillende Mütter und ihre Partner sowie Mütter, die selbst noch Teenager sind. Zum anderen Familien, die akut Nahrungsmittelhilfe benötigen. Sei es, weil sie unterernährte Kinder haben, von Konflikten betroffen sind oder sogar ein Kind als Hauptverdiener in einem Haushalt tätig ist.
Einen dieser Kurse leitet die 17-jährige Alice, die selbst in einem der Camps für geflüchtete Menschen in Ruanda lebt. Als Mitglied im Schulernährungsclub hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, ausgewogene Kost zu fördern und der Gemeinschaft beizubringen, wie sie sich und ihre Kinder gut ernähren und gesund halten können. „Bei meiner eigenen Familie habe ich angefangen“, sagt sie. „Jeden Tag achte ich darauf, dass meine Eltern und Geschwister kräftigende Mahlzeiten zu sich nehmen.“
Armut und daraus resultierende Unsicherheiten sowie mangelnde Kenntnisse rund um das Thema (Kinder-)Ernährung haben für viele Mädchen und Jungen in den Flüchtlingslagern Ruandas gravierende Folgen. Viele von ihnen sind von Mangelernährung, Wachstumsstörungen (Stunting) und/oder Blutarmut (Anämie) bedroht. Genau dies wollen die Ernährungsclubs an den Schulen ändern. Denn bei chronischer Unter- oder Mangelernährung wirken sich diese negativ auf das gesamte spätere Leben der Kinder aus: Lernschwierigkeiten und schlechtere Produktivität können eine Folge sein. Auch Beeinträchtigungen der kognitiven, sprachlichen und sensomotorischen Fähigkeiten sind möglich. Im Erwachsenenalter kann das wiederum zu niedrigeren Löhnen, einem höheren Mortalitätsrisiko und chronischen Krankheiten führen.
„Ich gehöre zu den Ernährungsexpertinnen, die darin geschult sind, ausgewogene Mahlzeiten zuzubereiten, um chronische Unterernährung zu bekämpfen“, berichtet Alice stolz. Sie weiß: Wer die Nährwerte der lokal angebauten Zutaten kennt, kann das für die Familie gekochte Essen so nahrhaft wie möglich gestalten.
An diesem Tag gehören Kartoffeln, getrockneter Fisch, Tomaten, Karotten, Rote Bete, Bananen, Eier und Kokosnusspaste dazu. Sie beginnt mit dem Schälen der Kartoffeln und gibt sie in einen großen Kochtopf. Nach und nach kommen auch das Gemüse, der Fisch und die Kokosnusspaste dazu.
Die Mitglieder der Gemeinschaft, die Alices Kochkünste aufmerksam verfolgen, helfen fleißig mit. Wenn das Essen fertig ist, bekommen alle eine Portion serviert. „So zeigen wir den Menschen, insbesondere jungen Müttern, wie sie durch gesunde und ausgewogene Mahlzeiten verhindern können, dass ihre Kinder unter Mangelernährung leiden“, erklärt Alice.
Die Kochclubs sind Teil eines Ernährungsprojekts, das Plan International zusammen mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) in dem ostafrikanischen Land umsetzt. Die Initiative in den Geflüchtetencamps in Ruanda soll die Fähigkeiten der Gemeindemitglieder in die Zubereitung gesunder Mahlzeiten stärken.
Auch Männer werden dadurch ermutigt, sich am Kochen zu beteiligen und mehr auf die Ernährung ihrer Töchter und Söhne zu achten. In den Geflüchtetencamps lag der Männeranteil in den Kursen bei 40 Prozent, in den umliegenden Gemeinden sogar bei 50 Prozent. Damit fördert die Initiative neben der Gesundheit auch die Gleichberechtigung und sorgt dafür, dass sich Männer stärker in den Haushalt einbringen.
„Jetzt achte ich darauf, was meine Kinder zu essen bekommen und sorge dafür, dass meine Familie sich ausgewogen ernährt“, sagt Solange. Nun, da sie die positive Veränderung in ihrer eigenen Familie gesehen hat, hofft sie, dass die Vorführungen auch auf weitere Gemeinden ausgeweitet werden.
Die Geschichte der Ernährungsclubs wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Ruanda aufgeschrieben.