Mit über 7500 Inseln erstrecken sich die Philippinen in den Pazifik. Der südostasiatische Archipel ist durch seine geografische Lage am Pazifischen Feuerring von Erdbeben, Vulkan-Eruptionen und Tsunamis bedroht. Auch Wirbelstürme, Überschwemmungen und Hitzewellen prägen das Land, das zu den katastrophenanfälligsten Ländern der Welt gehört. Die Auswirkungen des Klimawandels spielen schon heute eine aktive Rolle im Alltag der Filipinos.
Ein Blick in die jüngste Vergangenheit verrät, wie wichtig Katastrophenschutz und -hilfe ist und in Zukunft sein wird. So lösten Taifune im Juli 2023 schwerwiegende Überschwemmungen aus, im Januar 2024 ächzten viele Teile des Archipels unter anhaltender Dürre, zuletzt führten im September, Oktober und November dieses Jahres die Tropenstürme zu Zerstörung, Erdrutschen und Flucht.
Bei vielen Filipinos hinterlässt das auch emotionale Spuren: Die Angst vor dem nächsten Taifun, vor der nächsten Katastrophe ist sehr präsent, so auch bei Angelica und Hannan. Doch die zwei jungen Frauen haben einen Weg gefunden, mit dieser Angst und ständigen Sorge umzugehen: aktiv werden. Jetzt sind sie voller Tatendrang und fest entschlossen, sich den drängenden Fragen des Klimawandels anzunehmen. Angetrieben von dem Wunsch, die Zukunft mitzugestalten und ihre und die nächsten Generationen auf Herausforderungen vorzubereiten, übernehmen die beiden die Führung.
Hannan ist 17, sie lebt in Cotabato City auf Mindanao, einer der südlichen Inseln der Philippinen. Sie weiß um die Brisanz der Klimaschäden: „Wir stehen vor einer Reihe von Katastrophen, die uns ohne Vorwarnung hart treffen können. Starke Regenfälle können Flüsse und Bäche zum Überlaufen bringen und unsere Straßen und Häuser überschwemmen. Erdbeben erschüttern den Boden, beschädigen Gebäude. Brände, die durch Trockenheit oder Unglücke ausgelöst werden, können sich schnell ausbreiten und alles in ihrem Weg verschlingen.“
Zu wissen, dass jederzeit eine Katastrophe eintreten könnte, löst Angst und Unsicherheit bei ihr aus. Obwohl Angelica und Hannan 460 Kilometer trennen, teilt auch Angelica diese Gefühle. Sie wohnt nördlich von Hannan in der Stadt Tacloban auf der zentral gelegenen Insel Leyte. Die Erinnerung an vergangene Taifune hat Angelica noch klar vor Augen. „Ich persönlich habe diese Art von Katastrophe erlebt und Angstgefühle entwickelt“, erzählt sie.
„Wir stehen vor Katastrophen, die uns ohne Vorwarnung hart treffen können.“
„Es ist eine ständige Erinnerung daran, dass wir immer vorbereitet sein müssen“, sagt Hannan. Doch wie bereitet man sich vor, wie schützt man sich vor anstehenden Überschwemmungen, Stürmen oder Erdbeben? Wie wird man aktiv gegen die Ohnmacht und wie holt man die ganze Gemeinde ins Boot? Im Youth Cares Projekt von Plan International beschäftigen sich Angelica und Hannan, jede auf ihrer Insel, genau mit diesen Fragen.
Gerade junge Menschen werden die Folgen dieser Katastrophen tragen müssen, ihre Zukunft steht im Zeichen des Klimawandels. Überall auf der Welt und eben auch auf den Philippinen. Ihre Stimmen sollten demnach gehört werden, findet Angelica. Wenn es um Entscheidungsprozesse geht, die auch Auswirkungen auf die Zukunft der Jugendlichen hat, sollten junge Menschen miteinbezogen werden. „Wir bringen neue Perspektiven, Ideen und Erfahrungen in die Diskussion ein“, sagt auch Aktivistin Hannan. „Die Jugendlichen sind diejenigen, die die Führung übernehmen sollten, denn die Jugend ist die Hoffnung für die Zukunft,“ erklärt Angelica weiter.
Genau das versucht das Youth Cares Projekt zu vermitteln: Indem sie sich selbst und in Gemeinschaft mit anderen mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit beschäftigen, Aufklärung betreiben und Gemeinden sensibilisieren, können die Jugendlichen etwas bewegen. Hierfür sind Führungskompetenzen wichtig – auch die werden hier gelehrt.
Wie verläuft die Kommunikation im Notfall, wie lässt sich die ganze Gemeinde einbinden? Zusammen mit anderen jungen Menschen beschäftigen sich Angelica und Hannan mit diesen Fragen und lernen dabei über Katastrophenvorsorge, -management und -kommunikation, alles mit dem Ziel sich selbst und die eigene Gemeinde für die nächsten Katastrophen zu wappnen, um im Ernstfall effektiv zu reagieren. Widerständigkeit ist gefragt. Wer im Katastrophen- und Klimaschutz aktiv wird, braucht innere Stärke.
In Schulungen und Workshops erarbeiten sie Wissen und Knowhow, erkunden verschiedene Szenarien und diskutieren Strategien. Dazu gehört, zu reflektieren, welches besonders gefährdete und schutzbedürftige Gruppen sind: Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung. „Wenn wir verstehen, wer gefährdet ist, können wir unsere Reaktionsstrategien besser auf ihre spezifischen Bedürfnisse abstimmen“, erklärt die 17-jährige Hannan.
Gemeinschaft steht hier also im Vordergrund. „Unser Ziel ist es, ein sichereres Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder unterstützt fühlt und bereit ist, sich Herausforderungen zu stellen“, erzählt Hannan. „Die Schulungen sollen unser Selbstvertrauen stärken, indem sie uns praktische Tipps und Techniken für einen effektiven Umgang mit Gefahren vermitteln.“
„Die Jugend ist die Hoffnung für die Zukunft.“
Aus dem Engagement der Aktivist:innen um Angelica sind mehrere Projekte entstanden: Ein Recyclingprogramm stellt Kunst aus wiederverwertbaren Materialien her. Ein alternativer Abwasserfilter filtert feste Abfälle heraus, um Verstopfungen und so Überschwemmungen zu verhindern. Die Umweltinitiative „Kabataan, Kabakhawan, Kaligtasan“ hat sich dem Schutz und der Rettung von Mangroven und der Aufklärung um ihre ökologische Wichtigkeit verschrieben. „Wir versuchen, eine Mangrovenbaumschule einzurichten und Mangroven zu pflanzen, um unsere Gemeinschaft zu retten“, berichtet Angelica. Denn vor hier in Tacloban in unmittelbarer Küstennähe schützen Mangroven vor Überschwemmungen und Taifunen.
Die Früchte der Jugendbeteiligung zeigt sich schon jetzt, sagt Angelica: Die Gemeinde ist geschützter und Jugendlichen bestärkt. Ihr Engagement für die Dorfgemeinschaft hintere sie auch, sich schlechten Gewohnheiten hinzugeben, erzählt sie weiter. Denn aktiv zu werden und sich auszutauschen, bestärkt Selbstwirksamkeit. Zu lernen, wie man Führung übernehmen kann, hilft gegen die Ohnmacht.
„Wir haben das Gefühl, die Situation besser unter Kontrolle zu haben, das hilft, die Panik zu lindern.“
„Durch das, was ich gelernt habe, bin ich nicht mehr die Person, die ich früher war; eine, die weinte, wenn sie Brände sah oder ein Erdbeben spürte. Es hat meine Perspektive verändert – ich weiß, dass ich nicht in Panik geraten, sondern ruhig bleiben muss“, erzählt Hannan. Das Projekt Youth Cares habe ihr die Angst genommen.
Vorbereitungen zu treffen und sich mit konkreten Maßnahmen auseinanderzusetzen gäbe ihr ein Gefühl der Zuversicht und Beruhigung, sagt Hannan. „Wir haben das Gefühl, die Situation besser unter Kontrolle zu haben, das hilft, die Panik zu lindern.“
Wie Hannan will auch Angelica weiterhin für eine bessere Zukunft kämpfen. Vor allem Frauen und Mädchen will sie ermutigen und bestärken, einen aktiven Part in der Gesellschaft zu übernehmen und Führungsrollen zu übernehmen. So wie Hannan und sie selbst. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle die Möglichkeit haben, zu einem positiven Wandel beizutragen, ganz egal, wie klein unsere Schritte auch sind. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir Großes erreichen“, erklärt Hannan. Zum Schluss sagt sie: „Selbst, wenn es nur darum geht, mit gutem Beispiel voranzugehen oder eine helfende Hand zu reichen, jede Anstrengung zählt.“
Der Artikel wurde mit Material aus dem philippinischen Plan-Büro erstellt.