Der Equal Pay Day am 6. März 2024 markiert den Tag, bis zu dem Frauen in Deutschland aufgrund der geschlechtsspezifischen Lohnlücke symbolisch unbezahlt arbeiten müssen. Diese Lücke nennt man auch Gender Pay Gap (GPG). Im vierten Jahr in Folge verdienten Frauen 2023 laut Statistischem Bundesamt durchschnittlich 18 Prozent weniger als Männer.
Seinen Ursprung hat der Equal Pay Day in den USA und wird mittlerweile in mehr als 32 Ländern durchgeführt. In Deutschland wird der Aktionstag vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt. Ziel ist es, faire Einkommensperspektiven für alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht zu schaffen, denn die Bundesregierung hatte sich zum Ziel gesetzt, den Gender Pay Gap bis 2023 auf 10 Prozent zu reduzieren.
In Deutschland lag der Gender Pay Gap im Jahr 2023 bei 18 Prozent. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: In Westdeutschland und Berlin lag der GPG bei rund 19 Prozent, in den ostdeutschen Regionen dagegen nur bei 7 Prozent. Im europäischen Vergleich belegt Deutschland einen der letzten Plätze, deutlich hinter dem EU-Durchschnitt von 13 Prozent (Stand: 2021). Besonders extrem ist der Unterschied bei der Rente: Die Alterseinkünfte von Frauen waren 2021 in Deutschland fast ein Drittel niedriger als die von Männern. Rente der Frauen liegt in Deutschland um 49 Prozent unter der der Männer.
Beim Gender Pay Gap wird zwischen dem unbereinigten und dem bereinigten Gender Pay Gap unterschieden. Der unbereinigte Gender Pay Gap ergibt sich aus dem Vergleich der durchschnittlichen Bruttostundenverdienste von Frauen und Männern. Dieser lag im Jahr 2023 bei rund 18 Prozent. Beim bereinigten Gender Pay Gap werden strukturelle Faktoren abgezogen, so dass Frauen und Männer in gleichen Positionen, Aufgaben, Berufen und Branchen verglichen werden. Dies führt zu einem niedrigeren Wert. So werden Frauen im Jahr 2023 bei gleicher Qualifikation und gleicher Tätigkeit immer noch um 6 Prozent schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen.
Die Veranstalter:innen des Equal Pay Day von BPW Germany e.V. identifizieren fünf zentrale Ursachen für den Gender Pay Gap:
1. Frauen und Männer verteilen sich aufgrund geschlechtsspezifischer Rollenbilder auf unterschiedliche Branchen und Berufe. Während Männer eher in Bereichen mit überdurchschnittlichen Verdienst- und Karrierechancen tätig sind, arbeiten Frauen eher in sozialen Dienstleistungsberufen mit geringeren Aufstiegschancen (z.B. als Krankenschwester, Erzieherin oder Friseurin).
2. Frauen und Männer, die in den gleichen Branchen und Betrieben arbeiten, nehmen im Durchschnitt unterschiedliche Positionen und Hierarchieebenen ein. Frauen erreichen aufgrund struktureller Barrieren seltener die besser bezahlten Führungs- und Entscheidungspositionen.
3. Aufgrund der anerzogenen gesellschaftlichen Rollenverteilung übernehmen Frauen häufig unbezahlte Hausarbeit, arbeiten deshalb häufiger in Teilzeit und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit häufiger als Männer, z.B. für die Pflege von Angehörigen oder für die Elternzeit. Diese Erwerbsunterbrechungen führen nachweislich zu späteren Einstiegshindernissen und dauerhaften Lohn- und Einkommenseinbußen, die sich auch in der Rente stark auswirken.
4. Generell führen Geschlechterstereotype zu einer schlechteren Arbeitsbewertung von frauentypischen Berufen, die sich in einer finanziellen Abwertung niederschlägt. So werden z.B. soziale Berufe wie die Pflege vergleichsweise schlecht bezahlt.
5. Ein weiterer Grund für die anhaltenden Lohnunterschiede ist die fehlende Lohntransparenz. Diese ist notwendig, um – möglicherweise unbewusste – Lohnunterschiede aufzudecken und anzugleichen.
In unserer Arbeit orientieren wir uns an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Das Unterziel 8.5. fordert gleichen Lohn für gleiche Arbeit, unabhängig vom Geschlecht. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sich vieles ändern.
Zum einen brauchen wir einen grundlegenden Wandel der Geschlechterrollenbilder, insbesondere eine gesellschaftliche Akzeptanz von gleichberechtigter Elternschaft. Zum anderen sollte das Konzept der Führung in Teilzeit gefördert werden, um mehr Möglichkeiten für Frauen zu schaffen, in Führungspositionen aufzusteigen.
Weitere wichtige Maßnahmen sind die Anhebung des Lohnniveaus in systemrelevanten, aber nach wie vor unterbewerteten (frauendominierten) Berufen sowie die Schaffung und Vergünstigung von mehr Kinderbetreuungseinrichtungen, damit Frauen nicht gezwungen sind, ihre Erwerbstätigkeit einzuschränken. Außerdem sollte die unbezahlte Haus- und Pflegearbeit in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung aufgenommen werden, damit sie offiziell anerkannt wird.
Der weltweite Gender Pay Gap wird von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) auf 20 Prozent geschätzt. Allerdings ist das Lohnniveau in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich und es liegen nicht für alle Länder belastbare Zahlen vor. Neben den oben genannten Ursachen für den Gender Pay Gap in Deutschland kommen in unseren Projektländern noch viel grundlegendere Herausforderungen für Frauen hinzu. Viele Frauen haben überhaupt keine eigene Einkommensquelle – unter anderem, weil sie durch frühe Heirat und frühe Schwangerschaft keine Möglichkeit hatten, einen Schulabschluss zu machen, geschweige denn eine Berufsausbildung.
In unserer Projektarbeit geht es daher oft erst einmal darum, grundlegende Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit die Frauen eine Chance auf einen Arbeitsplatz haben und damit ihr Leben selbst und unabhängig finanzieren können. Deshalb zielen unsere Projekte darauf ab, Schulabschlüsse zu sichern, Kinder-, Früh- und Zwangsehen sowie frühe Schwangerschaften zu verhindern. Außerdem unterstützen wir junge Frauen dabei, eine Berufsausbildung zu absolvieren, ein eigenes Unternehmen zu gründen und sich so eine eigene, unabhängige Lebensgrundlage zu schaffen.