Als Mohamed Kamal, Landesdirektor von Plan International Südsudan, das Aufnahmezentrum für Geflüchtete an der Grenze zum Sudan betritt, wird er von seinen Emotionen überwältigt: „Ich sah Tausende von Kindern, Mädchen und Frauen, die aufgrund des anhaltenden Konflikts im Sudan aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Entschlossene und verletzliche Gesichter erzählten ihre Geschichten – alle ein Zeugnis für die Stärke des menschlichen Geistes.“
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat der Ansturm von Menschen nach Südsudan zu einer Überlastung der Einrichtungen in der nördlichen Region Renk geführt. Zwischen dem 16. April und dem 22. August 2023 sind laut UNHCR über 188.000 Menschen über Renk aus dem Sudan in den Südsudan gekommen. Dies bedroht insbesondere das Leben vieler Kinder in den Aufnahme- und Transitzentren: Durchfallerkrankungen, Unterernährung und Masern haben bereits bei Kindern unter fünf Jahren für vermeidbare Todesfälle gesorgt.
„Im Augenblick bleibt uns nur noch das Hoffen auf ein Wunder.“
Abraham (30) ist zusammen mit seiner Familie vor drei Wochen im Transitzentrum in Renk angekommen. Seitdem sind alle seine drei Kinder krank. Sein ältester Sohn, der sieben Jahre alt ist, hatte vor Kurzem mit Malaria zu kämpfen, während bei seinen anderen beiden Kindern der Verdacht besteht, dass sie an Masern erkrankt sind. Leider hat sich ihr Zustand trotz der Besuche in der Gesundheitsklinik des Zentrums nicht wesentlich verbessert. „Seit wir hier angekommen sind, sind meine Kinder krank. In der Klinik haben sie nur Schmerzmittel bekommen. Privatkliniken außerhalb des Zentrums sind teuer und übersteigen meine finanziellen Mittel“, berichtet der dreifache Vater mit besorgter Stimme. „Im Augenblick bleibt uns nur noch das Hoffen auf ein Wunder.“
Die Anzahl von Bewohner:innen im Aufnahmezentrum hat die medizinische Betreuung zu einer großen Herausforderung gemacht. Es ist schwierig für kranke Menschen, nach Hause zurückzukehren, da sie möglicherweise Krankheiten vom Aufenthaltsort mitbringen können. Abrahams Familie durfte das Zentrum nicht verlassen, obwohl er gehofft hatte, dass sie die Genehmigung bekommen würden. Jetzt wartet er auf die Genesung seiner Kinder. Inzwischen hat er auf dem Gelände einen kleinen Laden eröffnet, in dem er unter anderem Seife, Zigaretten und Süßigkeiten verkauft. Mit den etwa 2000 Südsudanesische Pfund (SSP, ungefähr 2 US-Dollar), die er täglich verdient, kann er Lebensmittel für seine kranken Kinder kaufen.
Plan International reagiert vor Ort mit Maßnahmen zum Kinderschutz und der Bereitstellung von Unterkünften. Derzeit setzen wir verstärkt Ressourcen ein, um unsere Unterstützungskapazitäten zu erweitern und einen größeren Personenkreis zu erreichen, insbesondere Kinder, Mädchen und junge Frauen. Wir führen zudem Aufklärungsveranstaltungen zu Fragen der sexuellen Ausbeutung durch. Der Bedarf an Wasser, Nahrungsmitteln und Unterkünften ist nach wie vor riesig. Darüber hinaus muss dringen in den Transport investiert werden, um die von der Sudankrise betroffenen Menschen in ihre jeweiligen Staaten zu bringen – so kann sich die Situation in den überfüllten Aufnahme- und Transitzentren entspannen und damit die schnelle Verbreitung von Krankheiten zu reduziert werden.
Mohamed Kamal trifft im Aufnahmezentrum in Renk die neunjährige Fatma. „Ihre Worte gingen mir tief ins Herz. Sie sagte, dass sie ihre Freund:innen aus ihrer Gemeinde, in der sie früher gelebt habe, vermisse. Außerdem habe sie ihre Puppe verloren, mit der sie immer gespielt habe. Sie sagte mir, jetzt habe sie Angst“, so der Länderdirektor. „Es ist herzzerreißend, wie schwer die Krise unschuldige Menschen trifft.“
Fatmas Geschichte kann Mohamed Kamal nicht vergessen. „Die Kinder und Mädchen, die in ähnlichen Situationen stecken, wünschen sich nicht nur Hilfe, sondern vor allem Hoffnung“, sagt er. „Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre gewohnte Umgebung, auf Bildung und das Gefühl, dazuzugehören. Sie hoffen darauf, die Bestandteile ihres Lebens zurückzuerlangen, die sie zurücklassen mussten – darunter ihre geliebten Spielsachen, die Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit in sich tragen. Und vor allem die Hoffnung auf eine Welt, die ihre Rechte anerkennt und sich für ihr Wohlergehen einsetzt.“
Der Artikel wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Südsudan erstellt.