Zwei Jahre ist es her – die Corona-Pandemie war noch nicht überwunden –, da sollte sich das Leben von Hadiza grundlegend wandeln. Ihre Mutter drängte sie, die Schule abzubrechen. Im Alter von nur zwölf Jahren wurde Hadiza gesagt, sie solle sich auf die Ehe vorbereiten. „Ich fühlte mich schlecht und verlor die Hoffnung“, erinnert sich die heute 14-Jährige. „Ich hatte Angst davor, zu heiraten, denn meine ältere Schwester hatte schon mit 13 Jahren geheiratet. Sie war aus dem Haus ihres Mannes vertrieben worden und ist heute bereits geschieden.“
„Ich hatte Angst davor, zu heiraten.“
Als Hadiza dann erfährt, dass es an ihrer ehemaligen Schule eine Beratungsstelle für Kinder gibt, beschließt sie, sich dort Hilfe zu holen. Das Mädchen will wieder den Unterricht besuchen, ihre Ausbildung abschließen – und nicht jung verheiratet werden. „Die Berater kamen mit einem Team von Plan International zu mir nach Hause und sprachen mit meiner Mutter“, sagt Hadiza. Um die Rechte von Mädchen wie Hadiza zu schützen, hat Plan International an Schulen im Bundesstaat Borno Beratungsstellen eingerichtet. Dort können sich Mädchen und Jungen melden, wenn sie Hilfe benötigen oder ein Schutzbedürfnis haben.
„Mein Mann hat mich mit sieben Kindern zurückgelassen.“
„Weil ich weder Geld noch Arbeit hatte, um meine Familie zu unterstützen, habe ich damals mein Kind angehalten, die Schule zu verlassen“, schildert Fanna, Hadizas Mutter, die Ereignisse von vor zwei Jahren. „Ich hatte die Absicht, sie mit jedem Mann zu verheiraten, der sich für sie interessierte. Ich habe sechs weitere Kinder, die ebenfalls nicht zur Schule gehen. Mein Mann hat eine andere Frau geheiratet und mich mit sieben Kindern zurückgelassen.“
Rund 30 Prozent der Mädchen in Nigeria werden vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet und über 12 Prozent vor Erreichen des 15. Lebensjahrs, zeigen Statistiken der Vereinten Nationen. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und der Glaube daran, dass Mädchen den Jungen unterlegen seien, führen dazu, dass die Kinderheirat in dem westafrikanischen Land verbreitet ist. Die Armut, ein niedriges Bildungsniveau sowie soziale Normen verschärfen den Trend – auch und gerade im Nordosten des Landes. Daher sollen Mädchen wie Hadiza früh verheiratet werden, um die wirtschaftliche Belastung für ihre Familien zu verringern.
Die sogenannten „Child Help Desks“, die Plan International mit Unterstützung öffentlicher Geber eingerichtet hat, bieten in diesem Kontext kinderfreundliche Schutzräume. Mädchen und Jungen können dort offen über ihre Ängste und Sorgen sprechen, wobei der Schwerpunkt der Beratungsangebote auf der Verhinderung von Kinderheirat liegt. Kinderehen gefährden bei den davon betroffenen Mädchen und Jungen meist einen Schulabschluss und damit die Aussicht auf einen fair bezahlten Job.
Hadizas Mutter Fanna stimmt nach einem Gespräch mit dem Beratungsteam zu, dass ihre Tochter wieder zur Schule gehen kann. Ausgestattet mit neuem Schreibmaterial, Schuhen und einer Schultasche nimmt das Mädchen seitdem wieder am Unterricht teil. Plan International bot Fanna daraufhin eine berufsbildende Schulung sowie Startkapital an, damit sie ein kleines Unternehmen gründen und mit den Einnahmen selbst die Schulkosten für ihre Kinder bezahlen kann.
„Ich bin dankbar für die Unterstützung“, sagt Fanna. „Die Stimmung meiner Tochter hat sich positiv verändert, ihre Umgangsformen, die Art, wie sie auf sich und ihre Umgebung achtet. Vor allem liest sie gern ihre Bücher.“