„Einige Mädchen zögern noch immer, über Tabuthemen zu sprechen“, sagt Aïchatou. Die 26-Jährige moderiert die Plattform „Girls Out Loud“ in Niger. 105 Mädchen und junge Frauen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren, über alle Regionen des Landes verteilt, tauschen sich in dieser Gruppe über die Dinge aus, die sie bewegen. Aïchatou erklärt, dass der Erfahrungsaustausch dazu beiträgt, die Probleme der Mädchen – auch derjenigen aus den nigrischen Krisengebieten – zu erkennen und über mögliche Lösungen nachzudenken.
Ein Thema, das vor kurzem zur Sprache kam, waren die Entführungen von Schülerinnen, die sowohl in der Hauptstadt Niamey als auch in anderen Teilen des Landes gemeldet wurden. „Manche Mädchen trauen sich nur in unserer Gruppe oder im Privaten, solche Themen anzusprechen. Andere wiederum lassen sich nicht unterkriegen und wollen alle Themen offen angehen“, erklärt Aïchatou. Sie selbst engagiert sich neben der „Girls Out Loud“-Gruppe auch als Mitglied des „Nigerien Consultative Framework of Children and Youth“, einer Netzwerkgruppe von Kindern und Jugendlichen in dem westafrikanischen Land.
Die Mädchen von „Girls Out Loud“ nutzen private Gruppe, sowohl auf Facebook als auch bei WhatsApp, um Nachrichten miteinander auszutauschen und Informationen zu teilen. Die Gruppenmitglieder hatten zudem die Möglichkeit, sich bei einem Schulungsworkshop im März 2023 persönlich kennenzulernen. Im Rahmen des Workshops wurden sie über geschlechtsspezifische Gewalt, Sicherheit im digitalen Raum sowie sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte aufgeklärt. „Wir haben geschaut, wer von uns wie viel Engagement einbringen kann und wie wir die Diskussionen dynamischer gestalten können. So kamen wir auf die Idee, einen wöchentlichen Erfahrungsaustausch zu starten“, sagt Aïchatou.
„Ich lade die jüngeren Mädchen dazu ein, über Menstruation und andere Themen zu sprechen.“
Die Kinderrechtsorganisation Plan International hat die Initiative „Girls Out Loud“ in insgesamt 20 Ländern eingerichtet. In Niger haben die Mädchen ihre Gruppe „Muryar Imweb“ genannt, was auf Hausa „Mädchenstimmen im Internet“ bedeutet. Jede regionale Untergruppe hält mittwochabends eine Sitzung zum Erfahrungsaustausch zu unterschiedlichen Themen ab. Dies erlaubt es den beteiligten Mädchen und jungen Frauen, dass alle zu Wort kommen können. Sie werden zudem ermutigt, über Themen zu sprechen, über die sie vorher vielleicht nie die Gelegenheit hatten, zu sprechen. „Sogar die Jüngsten machen mit“, sagt Aïchatou. „Die Hauptsache ist, dass man sagt, was man denkt. Als Moderatorin lade ich die jüngeren Mädchen dazu ein, über Menstruation und andere Themen zu sprechen. Sie können mir auch privat Nachrichten schicken, die ich dann beantworte. Oder wenn nötig, dann recherchiere ich und ziehe andere Personen zu Rate, bevor ich antworte.“
Die 26-jährige Aktivistin hält es für eine gute Idee, Mädchen zu ermutigen, soziale Medien zu nutzen. „Sie müssen wissen, wie sie die Vorteile von digitalen Medien nutzen können. Sie müssen die positiven Aspekte verstehen, sich aber auch über digitale Gewalt und Fake News im Klaren sein. In den Workshops haben wir gelernt, wie wir im Falle von Kritik oder respektlosen Kommentaren richtig reagieren können – wenn wir es wollen.“
Die persönlichen Treffen helfen auch den Mädchen, die technische Hindernisse haben. „Manche können nicht online teilnehmen, weil sie kein Smartphone oder keine stabile Verbindung haben“, so Aïchatou. „Manchmal haben sie auch kein Geld, um Daten zu kaufen und manchmal können sie ihre Telefone nicht einfach aufladen.“
Durch das Sammeln und Analysieren der Daten aus den (digitalen) Treffen der Mädchen und jungen Frauen, können ihre Erkenntnisse genutzt werden: Plan International kann so etwa Entscheidungen über die künftige Programmarbeit auf der Grundlage der aktuellen Interessen und Probleme der Mädchen treffen und ihnen helfen, Veränderungen in ihren Gemeinden anzustoßen.
Die Geschichte wurde mit Material aus dem nigrischen Plan-Büro erstellt.