In Sambia werden Mädchen von sogenannten traditionellen Initiatorinnen auf dem Weg zum Erwachsenwerden und später bis zur Heirat begleitet. „Früher haben sie den Mädchen gesagt, dass sie durchalten sollen, auch wenn sie von ihrem Partner geschlagen werden“, sagt Chabala Siame, Entwicklungshelferin bei Plan International. „Oder wenn Mädchen ihre Menstruation bekamen, wurde ihnen gesagt, dass sie nicht mit Jungen spielen und sich nicht von ihnen anfassen lassen sollen, weil sie dann schwanger werden könnten.“ Es sind Mythen wie diese, die die gesunde Entwicklung von Mädchen, ihre Zukunftsperspektiven und letztendlich auch ihr Leben gefährden. Deshalb arbeitet Plan International in Sambia mit den traditionellen Initiatorinnen zusammen und schult sie darin, Mädchen auf einem sicheren und bestärkenden Weg zum Frausein zu begleiten.
„Sie wurden von Plan International im Bereich sexuelle und reproduktive Rechte geschult“, erklärt Chabala Siame. Ihren Lehrplan haben die traditionellen Initiatorinnen seitdem geändert. Statt den Mädchen Mythen über Menstruation und Schwangerschaft zu erzählen, bringen sie ihnen jetzt bei, wie sie Verhütungsmittel richtig verwenden und dass sie das Recht haben, selbst über ihren Körper zu entscheiden.
„Die Mädchen lernen jetzt, dass es keine Toleranz für Gewalt gibt.“
Die hohen Raten von sexuell übertragbaren Krankheiten und ungewollten Frühschwangerschaften in Sambia zeigen, wie wichtig es ist, dass Mädchen – aber auch Jungen – informierte Entscheidungen über Sex und gesunde Beziehungen treffen können. Deshalb werden jetzt auch Jungen in den Initiationsritus einbezogen. Nur so können die Gesundheit und die Rechte aller Menschen verbessert und eine gerechtere Gesellschaft ohne Gewalt und Diskriminierung aufgebaut werden.
„Die Mädchen lernen jetzt auch, dass es keine Toleranz für Gewalt gibt und das Jungen kein Recht haben, ein Mädchen zu vergewaltigen“, ergänzt Chabala Siame. „Sie lernen auch, dass sie solche Fälle melden können und sollten.“
Früher rieten die Initiatorinnen den Mädchen auch, ihre Vulvalippen zu dehnen, um sie für Männer attraktiver zu machen. Das oft schmerzhafte Dehnen der Genitalien auf eine wünschenswerte Länge gilt in Sambia immer noch als wichtiger Brauch. Den Mädchen wird gesagt, dass kein Mann sie heiraten will, wenn sie keine verlängerten Vulvalippen haben. „Heute raten die Initiatorinnen davon ab und bestärken die Mädchen darin, dass die natürliche Form ihrer Genitalien genau richtig ist.“
Josephine ist eine der traditionellen Initiatorinnen, die an der Schulung teilgenommen haben. „Ich wusste nicht, dass es falsch ist, die Mädchen dazu zu zwingen, ihre Genitalien zu dehnen“, gibt sie zu. „Ich dachte immer, dass nur Männer das Recht haben, in einer Beziehung Sex zu haben. Ich habe gelernt, dass Frauen über ihren Körper selbst entscheiden können und Nein sagen können.“ Ihr sei auch nie bewusst gewesen, dass sie das Recht habe, ihre eigenen Kinder über sexuelle Rechte und reproduktive Gesundheit aufzuklären. „Jetzt gebe ich mein Wissen an meine Kinder weiter und helfe anderen Jugendlichen beim Zugang zu Verhütungsmitteln.“
Das Training für traditionelle Initiatorinnen ist Teil des globalen Programms „Generation Change!“ von Plan International. Das Programm arbeitet in 21 Ländern und in Partnerschaft mit mehr als 140 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Es zielt darauf ab, die Gleichstellung der Geschlechter und den Zugang zu Schutz und Gewalt sowie zu Wissen über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte für Kinder und Jugendliche, insbesondere Mädchen, zu verbessern.
Seit Beginn des Projekts stellt Chabala Siame einen Rückgang der Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt fest – was zum Teil auf das Schulungsprogramm zurückzuführen ist. „Die Frauen teilen ihr neues Wissen mit anderen Initiatorinnen, die nicht an der Schulung teilgenommen haben“, sagt sie außerdem. Diese tragen die wichtige Botschaft weiter, sodass immer mehr Initiatorinnen schädlichen Traditionen absagen und mit gefährlichen Mythen aufräumen können.
„Wir unterrichten jetzt Mädchen, Frauen, Jungen und Männer“, fasst Josephine zusammen. „So können sie dann zum Beispiel gemeinsam entscheiden, wie viele Kinder sie haben möchten. Wenn wir nur Frauen über sexuelle Gesundheit und Rechte aufklären, ist es schwierig, dies im gemeinsamen Haushalt umzusetzen.“ Die 58-jährige hofft, dass zukünftig weitere Schulungen zur Auffrischung angeboten werden. „Das Programm hat sich auf die Gemeinschaft sehr positiv ausgewirkt“, sagt sie.
Der Beitrag wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Sambia erstellt.