„Meine vierjährige Tochter weiß, was Luftangriffe sind“

Foto: Plan International

Plan International leistet Hilfe für die aufgrund des anhaltenden Konflikts im Süden Libanons geflüchtete Bevölkerung – eine von ihnen ist Farah (28), Mutter von fünf Kindern.

Sie verlassen ihr Dorf nicht sofort, als im Oktober 2023 der Konflikt an der südlibanesischen Grenze eskaliert. Die erste Woche bleiben Farah (28), ihr Mann und ihre Kinder Hasan (10), Eleen (8), Taleen (4), Aseel (2) und Lilian (1) in ihrem Zuhause. Zu diesem Zeitpunkt sind die Bomben noch weit entfernt. „Tage später rief mich meine Schwester an und fragte mich, warum ich noch dort sei, es würde ein Angriff stattfinden“, erzählt Farah. 

„Ich öffnete die Tür und sah, wie die Bomben auf mein Dorf fielen.“

Farah (28), floh mit ihrer Familie aus ihrer Heimat in Südlibanon

„Ich öffnete die Tür und sah, wie die Bomben auf mein Dorf fielen.“ Ihr Mann ist zu diesem Zeitpunkt bei der Arbeit. „Ich war völlig außer mir“, so die 28-Jährige. „Ich rief meinen Mann an und sagte, er solle alles stehen und liegen lassen und nach Hause kommen. Die Kinder hatten große Angst, sie weinten hysterisch, und ich kann meine Kinder nicht weinen sehen.“
Sie fliehen in das Haus von Farahs Eltern in einem anderen Dorf. „Doch dann kamen die Bombardierungen auch dort näher und meine Kinder konnten die Geräusche nicht mehr ertragen. Mein Mann sprach mit einem Freund auf der Suche nach einem sichereren Ort und erfuhr von einer Schule, in der Menschen untergebracht sind. Und so kamen wir dort hin.“

Eine Frau trägt Eimer mit Hilfslieferungen, neben ihr stehen weitere Eimer
Die Hilfe von Plan International im Süden Libanons beinhaltet unter anderem Lebensmittelpakete, Hygiene- und Baby-Sets, aber auch Decken, Matratzen und weitere lebenswichtige Hilfsgüter Plan International
Ein Schulgebäude, bei dem aus einigen Fenstern Wäsche zum Trocknen hängt
In dieser Schule lebt Farah (28) mit ihrer Familie Plan International

Herausfordernde Bedingungen in Unterkünften

Seit Oktober 2023 sind mehr als 93.000 Menschen, darunter 52 Prozent Frauen und 37 Prozent Kinder, aus ihrem Zuhause geflohen – allein im Gouvernement Tyrus, wo auch Farah und ihre Familie herkommen, gibt es rund 25.600 Binnenvertriebene. In dieser Krise unterstützt Plan International die Menschen in Tyrus mit lebenswichtigen Hilfsgütern, wie Lebensmittelpaketen, Hygienesets für den Haushalt, Decken, Matratzen und Baby-Kits. 

Ergänzt werden diese Bemühungen durch Initiativen zur Verhinderung von sexueller Ausbeutung und Missbrauch sowie durch Aufklärung über Schutzmaßnahmen. Mit dieser gezielten Hilfe soll der dringende Bedarf von 20.000 Mädchen und Jungen gedeckt werden, wobei die am stärksten gefährdeten Gruppen Vorrang haben, darunter Haushalte mit weiblichem Haushaltsvorstand, unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Schwangere und Frauen mit Neugeborenen. 

Nach wie vor stehen die Menschen, die in Sammelunterkünften, vor allem in Schulen, Zuflucht gefunden haben, vor Herausforderungen: Unzureichende Waschgelegenheiten, raues Wetter, Stromausfälle und fehlende Heizung sind einige Beispiele. Die Unterbrechung des Schulunterrichts der Kinder verschlimmert zudem die Situation und wirkt sich auf die psychische Gesundheit von Eltern und Kindern aus. 

Mit einer Spende helfen!

Der Krieg im Gaza-Streifen sorgt für großes menschliches Leid und verschärft zudem die Konflikte in den benachbarten Ländern. Die Nothilfe von Plan International hilft Menschen im Gazastreifen sowie in Libanon und Jordanien.

In Libanon leisten wir humanitäre Hilfe für die aufgrund des anhaltenden Konfliktes zwischen der Hisbollah und Israel in Südlibanon geflüchtete Bevölkerung. Bislang wurden fast 13.500 Menschen erreicht.

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Zwei junge Mädchen und eine Mitarbeiterin von Plan International sitzen auf dem Boden und lachen gemeinsam
Eleen (8) und Taleen (4) interagieren mit einer Plan-Mitarbeiterin Plan International

Es geht um die Zukunft ihrer Kinder

„Am Nachmittag gab es einen Angriff. Der Lärm war so laut, dass die Fensterscheiben wackelten. Ich habe meinen Kindern nicht gezeigt, dass ich Angst habe. Aber in den Gängen hörten wir Menschen schreien. Erwachsene waren verängstigt – stellen Sie sich vor, wie sich die Kinder gefühlt haben“, erzählt Farah. „Ich mache mir keine Sorgen um mich, ich mache mir Sorgen um meine Kinder. In der Nacht wachte Taleen auf und sagte: ‚Mama, heute gab es Luftangriffe!‘ Ich sagte nein, das waren Feuerwerkskörper. Ich wollte nicht, dass sie Angst hat. Dann sagte sie: ‚Mama, das waren Angriffe, kein Feuerwerk.‘ Meine vierjährige Tochter versteht, dass es sich um Luftangriffe handelt! Stellen Sie sich das vor!“

Im Libanonkrieg 2006 war Farah selbst noch ein Kind – so alt wie ihr ältester Sohn jetzt. „Die Leute fragen mich, ob ich damals Angst hatte. Ich sage nein, denn damals war ich noch ein Kind und hatte keine Verantwortung. Ich hatte meine Eltern, die mich stützen konnten. Aber jetzt bin ich eine Mutter, jetzt muss ich meine Kinder beschützen.“

Eine Frau sitzt auf einem Stuhl, sie hat ein Kleinkind auf dem Arm und ist nur von der Seite zu erkennen
Farah (28) möchte ihre Kinder beschützen Plan International
Ein Junge steht barfuß vor einer Matratze, die auf dem Boden liegt, er hat einen Fußball unter den rechten Arm geklemmt und lächelt
Für seinen Sohn wünscht sich Hafez, dass dieser bald wieder zur Schule gehen kann Plan International
Ein Mann sitzt mit einer Frau an einem Tisch und unterhält sich mit ihr
Hafez erzählt einer Plan International-Mitarbeiterin seine Geschichte Plan International

Auch Hafez lebt mit seiner Familie in der Sammelunterkunft. „Die ersten Tage unserer Flucht waren hart“, berichtet er. „Wir konnten erst keine Unterkunft finden und schliefen im Auto. Dann hörten wir von dieser Schule hier.“ Es schmerzt den Familienvater, dass sich seine eigene Geschichte nun für seine Kinder wiederholt: „Ich habe alle früheren Kriege im Libanon miterlebt, leider. Ich musste die Folgen ertragen, hatte als Kind nie die Möglichkeit, zur Schule zu gehen oder zu lernen – und jetzt leiden meine Kinder unter den gleichen Folgen. Bildung ist mir sehr wichtig. Ich möchte nicht, dass meine Kinder ohne Bildung enden, so wie ich.“

„Wie sollen 50 Familien in dieser Unterkunft ihre Wäsche waschen, wenn die Generatoren nur ein paar Stunden am Tag laufen?“

Hafez, lebt mit seiner Familie in einer Schule, die als Notunterkunft dient

Eine große Herausforderung für die Familien in der Unterkunft ist auch der fehlende Strom. „Es gibt keinen staatlichen Strom hier, die privaten Generatoren laufen jeden Tag ein paar Stunden, aber das reicht nicht“, sagt Hafez. „Es gibt nicht genug Treibstoff, um die Generatoren am Laufen zu halten. Was ist, wenn eine Mutter eine Milchflasche für ihr Kind zubereiten muss? Was ist, wenn eine alte Dame nachts, wenn es dunkel ist, zur Toilette muss? Wie sollen 50 Familien in dieser Unterkunft ihre Wäsche waschen, wenn die Generatoren nur ein paar Stunden am Tag laufen?“

Farah erzählt, dass ihre Kinder nachts oft aufwachen, weil sie frieren. Dann deckt sie sie wieder zu, mit den Decken, die ihre Kinder seit ihrer Geburt haben und die sie bei der Flucht mitgenommen hat. „Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Situation so lange hinziehen würde. Ich habe nicht genug eingepackt – nur zwei Pyjamas für jedes Kind. Wir sind auf Kleiderspenden angewiesen. Ich bete, dass die Situation bald vorbei ist, dass wir nach Hause zurückkehren und uns endlich entspannen können, denn wir sind sehr müde“, sagt Farah. 

Der Artikel wurde mit Material aus dem libanesischen Plan-Büro erstellt.

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