Weltweit sind mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen an den Genitalien beschnitten. Der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung am 6. Februar macht darauf aufmerksam. Allein in Deutschland leben Schätzungen zufolge über 75.000 Betroffene, mehr als 17.000 Mädchen gelten als gefährdet. Um die Aufklärung auch in Deutschland voranzutreiben, veranstalteten Plan International Deutschland und der Verein baobab zusammensein in Hamburg einen Fachdialog.
In einer gemeinsamen Podiumsrunde am 2. Februar machten sie auf die Menschenrechtsverletzung aufmerksam. An dem Austausch waren auch betroffene Aktivistinnen aus Guinea, Kenia und Somalia beteiligt, die die Situation aus ihrer Perspektive schilderten. Ziel des der Veranstaltung Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung war es, eine Auseinandersetzung mit dem Tabuthema anzustoßen und auch Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialbereich für das Thema zu sensibilisieren.
„Das Riskio ist groß, dass betroffene Mädchen und Frauen nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen“, sagt Plan-Geschäftsführerin Kathrin Hartkopf, die die Veranstaltung moderierte. „Beispielsweise, wenn es zu gesundheitlichen Komplikationen kommt. Wir dürfen sie nicht allein lassen. Aufklärung ist der erste Schritt. Die betroffenen Familien müssen wissen, dass es bei uns in Deutschland Beratung und Unterstützung für sie gibt.“
„Betroffene Familien müssen hohe Hürden überwinden.“
Kass Kasadi, Gründer und Geschäftsführer von baobab zusammensein e.V. berichtet: „Die Hürden für von Genitalverstümmelung betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland sind extrem hoch, das Gesundheitssystem bietet wenig Behandlungsmöglichkeiten."
Adama Banguna aus Guinea wurde bereits als Sechsjährige beschnitten und lebt seit einem Jahr in Deutschland. Als Aktivistin setzt sie sich bei dem Verein baobab mit dem Thema FGM auseinander und engagiert sich für eine Beendigung der Praktik: „Betroffene Frauen in Deutschland müssen geschützt werden“, sagt sie. Maryam Osman aus Somalia wurde ebenfalls beschnitten, als sie noch ein kleines Mädchen war. Mittlerweile selbst Mutter von zwei Kindern, setzt sie sich wie Adama bei baobab als Aktivistin gegen FGM ein. „Prävention kann nur gemeinsam mit den Communities gelingen“ erklärt sie.
„Mütter können als Botschafterin Vorbild für ihre Töchter sein.“
Fatuma Nabosu aus Kenia, Aktivistin und Gründerin des Vereins GARGAR Charity gegen weibliche Genitalverstümmelung in Hamburg, schwor nach den schweren Komplikationen bei der Geburt ihrer Tochter, alles daran zu setzen, dass eine Beschneidung ihrer Tochter und anderen Mädchen in ihrem Umfeld erspart bleibt. Ihr Ziel ist, einen Bewusstseinswandel in ihrer Community anzustoßen: „Mütter können ihren Töchtern ein Vorbild sein, wenn sie sich als Botschafterinnen gegen FGM einsetzen.“
"Aufklärung und Prävention funktionieren am besten in einem starken Verbund“, bestätigt Edell Otieno-Okoth, Referentin bei Plan International Deutschland für das Thema FGM. „Darum haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Aufklärung gemeinsam mit anderen Partnerorganisationen, wie mit baobab und GARGAR Charity, voranzutreiben und die bundesweite Netzwerkarbeit auszubauen.“
Im Anschluss an den Panel gab es eine Fragerunde, an der sich sowohl die Gäste vor Ort als auch im Chat beteiligten.
„Gemeinsam wollen wir die Aufklärung vorantreiben.“
baobab zusammensein e.V. Netzwerk für Gesundheit und Teilhabe aus verschiedenen afrikanischen Communities in Bremen und Niedersachsen. Der Fokus der Arbeit liegt auf der Gesundheitsprävention und auf persönlicher Beratung. Dazu zählt seit einigen Jahren zunehmend auch die Aufklärung und Unterstützung von Mädchen und Frauen, die von FGM/C betroffen sind - oder als gefährdet gelten. Weitere Informationen: www.baobab-zs.de
Gargar Charity e.V. Die gemeinnützige Organisation wurde von der Kenianerin Fatuma Nabosu und Dieter Hanke in Hamburg gegründet. Ziel des Vereins ist es, Frauen und Mädchen in Deutschland und auch in Kenia zu beraten und zu begleiten, damit sie ihr volles Potential entfalten können. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auch auf dem Engagement gegen weibliche Genitalverstümmelung. Weitere Informationen: www.gargar-charity.org
Plan International Deutschland: Seit 2003 setzt sich Plan International in mehreren Ländern Afrikas gegen FGM/C ein. Um auch in Deutschland für die Bedürfnisse von gefährdeten und betroffenen Mädchen und Frauen zu sensibilisieren, stellt Plan International Informationen zur Aufklärung bereit, die sich gezielt an Fachkräfte und betroffene Familien richten, veranstaltet gemeinsame Fachdialoge mit Partnerorganisationen aus und baut die bundesweite Netzwerkarbeit aus.