5 Mythen über weibliche Genitalverstümmelung

Foto: Plan International / Izla Bethdavid

Dieser Artikel klärt über häufig vorkommende Missverständnisse und Irrglauben in Verbindung mit weiblicher Genitalverstümmelung, auch FGM/C genannt, auf.

Weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation/Cutting, FGM/C), auch bekannt als weibliche Genitalbeschneidung, ist eine Form der geschlechtsspezifischen Gewalt, die auf der ganzen Welt praktiziert wird, obwohl sie international als Verletzung der Menschenrechte von Frauen und Mädchen anerkannt ist. 

Es gibt viele Missverständnisse über diese schädliche – und manchmal tödliche – Praxis der Genitalverstümmelung, einschließlich der Frage, was sie ist, warum sie fortbesteht und ob sie beendet werden kann. In diesem Artikel gehen wir auf fünf der häufigsten FGM/C-Mythen ein. 

Ihre Spende gegen FGM/C

Auch in Oberägypten ist die weiblichen Genitalverstümmelung tief in den Gemeinden verankert. Wir von Plan International und unsere Partner engagieren uns auch in dem nordostafrikanischen Land dafür, Mädchen vor dieser schädlichen Praktik zu beschützen. Mit einer Spende für das Projekt „Mädchen vor Beschneidung schützen“ helfen sie uns dabei.

In anderen afrikanischen Ländern konnten wir bereits ähnliche Projekte gegen FGM/C erfolgreich umsetzen – erfahren Sie mehr über die Arbeit z.B. in Mali und Burkina Faso.

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Mythos 1: FGM/C ist ein Standardverfahren

Realität: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vier Arten von Genitalverstümmelungen identifiziert, die sich in Risiko und Schweregrad unterscheiden – alle Verfahren beinhalten die teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane oder andere Verletzungen der weiblichen Genitalien aus nicht medizinischen Gründen. Hier finden Sie eine detaillierte Erklärung der vier Typen von FGM/C.

Mythos 2: FGM/C ist ein religiöser Brauch

Realität: FGM/C ist eine kulturelle Tradition, keine religiöse. Die Praxis wird in keinem religiösen Text erwähnt, aber bestimmte Gemeinschaften betrachten sie als Symbol oder Demonstration ihres Glaubens. Auf der ganzen Welt wird FGM/C aufgrund diskriminierender sozialer und kultureller Normen praktiziert. FGM/C soll die Jungfräulichkeit der Frau vor der Hochzeit gewährleisten und ihre Treue in der Ehe sicherstellen. Darüber hinaus glauben bestimmte Bevölkerungsgruppen, dass Mädchen nur dann „sauber“ oder „schön“ sind, wenn sie beschnitten sind. Diese Überzeugungen beruhen auf Geschlechterdiskriminierung und auf dem Bedürfnis, die weibliche Sexualität zu kontrollieren, um die Familienehre zu wahren. 

„Frauen, die nicht beschnitten sind, gelten in den praktizierenden Gemeinden als unrein. FGM ist eine tief verankerte kulturelle Tradition, die auf der Ungleichheit von Frauen und Männern basiert. Das ist eine extreme Form der Benachteiligung von Mädchen und Frauen. Es geht darum, die Sexualität von Frauen zu kontrollieren“, erklärt FGM/C-Expertin und Plan Referentin Edell Otieno-Okoth im Interview.

Eine Frau im blauen Gewand sitzt auf dem Boden an ein Zelt gelehnt.
Cawo will verhindern, dass ihre eigene Tochter beschnitten wird. Plan International / Izla Bethdavid
Ein Mann mit einem rötlichen Bart und weißer Kappe lächelt in die Kamera.
Siciid Muse Geele betont, dass FGM nichts mit Religion zu tun hat. Plan International / Izla Bethdavid

Um gegen den Irrglauben vorzugehen, dass FGM/C von einer Religion vorgegeben wird, arbeitet Plan auch mit religiösen Führer:innen zusammen, welche in ihren Gemeinden gegen FGM/C aufklären. Einer von ihnen ist Siciid Muse Geele (60), der in einem Camp für Binnengeflüchtete in Somalia lebt und betont: „Genitalverstümmelung hat nichts mit Religion zu tun. Sie beeinträchtigt die Gesundheit und die Zukunft von Mädchen und sollte gestoppt werden.“ In dem Camp hat sich auch eine Gruppe Mütter zusammengeschlossen, die dafür kämpfen, dass ihre Töchter und alle Mädchen vor der Beschneidung geschützt werden. Hier können Sie ihre Geschichte lesen.

Mythos 3: FGM/C kommt nur bei einem kleinen Prozentsatz von Mädchen vor

Realität: 200 Millionen Frauen und Mädchen, die heute leben, wurden in irgendeiner Form der Genitalverstümmelung unterzogen – das ist mehr als doppelt so viel wie die gesamte Bevölkerung Deutschlands. Diese Praktik gibt es fast überall auf der Welt, aber in vielen Teilen Afrikas, in vielen Ländern des Nahen Ostens und in einigen Teilen Süd- und Südostasiens ist die Häufigkeit von FGM/C am höchsten. 

Im Sudan sind beispielsweise über 86 Prozent der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 50 beschnitten. Angesichts des schnellen Bevölkerungswachstums arbeitet Plan mit der jüngeren Generation zusammen, damit zukünftig möglichst viele Mädchen vor der Beschneidung geschützt werden. In Workshops und Jugendclubs werden sie von Frauen wie Shadia über die schädlichen Folgen der Praktik aufgeklärt und werden empowert, damit sie ihr Wissen weitergeben und sich und andere vor FGM/C schützen können.

Eine Frau spricht in einem Klassenzimmer zu einer Gruppe Mädchen.
Die 20-jährige Shadia wurde selbst beschnitten und klärt jetzt im Sudan Mädchen über FGM auf. Plan International / Khalid Elssir Mohammed

Mythos 4: FGM/C gibt es nicht in Europa

Realität: In Europa ist FGM/C per Gesetz verboten. Dennoch leben in Europa auch Menschen, die von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen oder bedroht sind. Das liegt unter anderem daran, dass Menschen aus Ländern, in denen FGM/C praktiziert wird nach Deutschland migriert oder geflüchtet sind, oder dass sie in diesen Gemeinden ihre familiären Wurzeln haben. Dementsprechend ist es wichtig, dass diese Mädchen und Frauen auch in den Ländern, in denen sie wohnen, Unterstützung und Schutz erhalten.

Plan International Deutschland betreibt im eigenen Land Aufklärungs-, Advocacy- und Netzwerkarbeit, damit Betroffene medizinisch versorgt werden, Beratungsangebote haben, und selbst ermächtigt werden, sich gegen die Praktik zu engagieren. Unsere FGM-Expertin und Plan Referentin Edell Otieno-Okoth hat außerdem in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen, die sich gegen FGM/C einsetzen, eine Broschüre in mehreren Sprachen entwickelt, die sich an betroffene und bedrohte Mädchen und Frauen richtet und sie über ihre Rechte und Handlungsoptionen informiert.

Eine Frau steht mit einer dicken Jacke draußen an einem Hafen. Es schneit.
Auch in Europa leben Frauen, die von FGM betroffen sind. Wie zum Beispiel Keziah, die aus Kenia nach Norwegen ausgewandert ist. Plan International
Eine Frau hat den Arm um eine Teenagerin gelegt und schaut lächelnd sie lächelnd an. Die Teenagerin lächelt in die Kamera.
Mammy Simity (rechts) wurde von ihrer Tochter Marie (links) überzeugt, keine Mädchen mehr zu beschneiden. Plan International / Quinn Neely

Mythos 5: FGM/C kann nicht gestoppt werden

Realität: Es ist möglich, FGM/C zu beenden. Der Fortschritt mag langsam sein, aber das bedeutet nicht, dass es nicht bereits bedeutsame Fortschritte beim Schutz von Mädchen vor dieser schädlichen Praxis gegeben hat. Laut einer aktuellen Studie sind die Raten der weiblichen Genitalverstümmelung bei Mädchen in Afrika seit den 1990er Jahren drastisch zurückgegangen, insbesondere in Ostafrika - von 71 Prozent der Mädchen unter 14 Jahren im Jahr 1995 auf 8 Prozent im Jahr 2016.

Plan-Projekte in Mali haben dazu beigetragen, dass die FGM/C-Rate bei Mädchen unter 14 Jahren in den Regionen, in denen wir arbeiten, bereits um 10 Prozent gesunken ist. In 72 malischen Dörfern ist die schädliche Praktik zudem inzwischen verboten.

Das effektivste Mittel, um gegen weibliche Genitalverstümmelung anzugehen, ist die Zusammenarbeit mit den Gemeinschaften. Auch Mädchen können starke Treiberinnen des Wandels sein: So hat zum Beispiel die Teenagerin Marie ihre Mutter überzeugt, ihren Beruf als Beschneiderin niederzulegen und sich für ein Ende der Praxis einzusetzen. Seitdem hat es in ihrer Gemeinde in Sierra Leone keine Beschneidungen mehr gegeben.

Drei Mädchen laufen nebeneinander über eine Straße. Sie tragen lange Gewänder und unterhalten sich.
Mädchen und junge Frauen werden selbst Botschafterinnen gegen FGM in ihren Gemeinden.

Weibliche Genitalverstümmelung ein für alle Mal beenden – in Zusammenarbeit mit den Gemeinschaften

Plan International arbeitet mit Eltern, Gemeindeleiter:innen, religiösen Führer:innen, Regierungsbehörden, Kindern und Jugendlichen zusammen. Wir wollen aufklären und zu sensibilisieren, Gesetze und Verhaltensweisen ändern und schädliche traditionelle Praktiken beenden, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte von Mädchen verletzen, darunter auch die Genitalverstümmelung. Ein zentraler Aspekt unserer Arbeit ist die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, da viele schädliche traditionelle Praktiken, wie FGM/C, oft in der Ungleichheit der Geschlechter wurzeln.

Unser Ansatz legt den Schwerpunkt auf das Engagement junger Menschen und schafft Räume, insbesondere für Mädchen, um ihre Stimme zu erheben und ihre Gemeinden und Regierungen in die Verteidigung und Wahrung ihrer Rechte einzubeziehen. 

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