Anfang 1992 besuchten mein Mann und ich meinen Bruder und seine Familie in Santa Cruz, im Tiefland Boliviens. Wir erkundeten auch einiges im Land. Tief beeindruckte uns die Ruinenstätte Tiahuanaku aus der Vor-Inkazeit, Zeugnis einer Hochkultur, die so gar nicht zur Armut der dort lebenden indigenen Bevölkerung passte. Wir waren uns sofort einig: „Hier müssen wir helfen!“
Zurück in Frankfurt las ich in der Zeitung von Plan International, einer damals völlig unbekannten Organisation, die mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ Kinder in Entwicklungsländern unterstützte. Wir erkundigten uns beim Hamburger Büro und übernahmen Patenschaften für drei Mädchen und zwei Jungen. Auch im Freundeskreis warben wir - mit mäßigem Erfolg. Oft hieß es: „Wer weiß, ob das Geld da ankommt“.
Das wollten wir wissen und reisten noch einmal nach Südamerika, wo wir in Ecuador das Patenkind von Freunden besuchten. Seit dem letzten Bericht hatte sich dort viel getan: Die Familie hatte jetzt eine Trinkwasserpumpe, eine Latrine und in der Nähe wurde eine Schule gebaut. Auch bei unseren fünf Patenkindern in Bolivien waren hilfreiche Projekte entstanden. Das Engagement des Plan-Teams, die Freude der besuchten Familien und die Erfolge, die Plan mit eifriger Unterstützung der Dorfbevölkerung in wenigen Jahren erzielt hatte, waren überwältigend.
Nach der Rückkehr luden mein Mann und ich alle Frankfurter Pat.innen zu einem Treffen am 1. September 1993 im Frankfurter Südbahnhof ein. Pressereferentin Renate Giesler berichtete über die Arbeit von Plan International und ich erzählte von unseren Besuchen bei den Patenkindern: Die Gäste waren begeistert und wir gründeten die erste Plan-Aktionsgruppe. Ich habe noch in anderen Städten von unseren Besuchen berichtet; dabei zeigte ich meine Fotos. Meist entstand anschließend eine Aktionsgruppe (AG).
Heute engagieren sich über 1.000 Menschen ehrenamtlich in mehr als 100 Plan-Aktionsgruppen. Um die Arbeit von Plan International bekannter zu machen, bestimmte Projekte ideell und finanziell zu unterstützen und neue Pat:innen zu gewinnen, organisieren die AGs mit viel Leidenschaft Info- oder Flohmarktstände, Konzerte, Benefizveranstaltungen und vieles mehr. Das Aktionsgruppen-Treffen in Bad Hersfeld oder Schulungen helfen, das Plan-Wissen der Mitglieder aktuell zu halten und fördern ihren Austausch. Seit Sommer 2000 bietet der AG-Newsletter, in dem interessante Veranstaltungen vorgestellt werden, viele Anregungen.
„Ohne das Engagement dieser Gruppen mit Patinnen und Paten wäre der Erfolg von Plan Deutschland nicht denkbar.“
Werner Bauch hat den ehrenamtlichen Einsatz der Aktionsgruppen von Beginn an unterstützt, uns den Rücken gestärkt. Statt Vorgaben zu machen, setzte er sich im Vorstand für unsere Eigeninitiative ein. So können wir selbstständig über unsere Aktionen entscheiden und die vielfältigen Kenntnisse und Kontakte der AG-Mitglieder optimal ausschöpfen. 2011 sorgte Werner Bauch mit Satzungsänderungen zudem dafür, dass die AGs in den Vereinsgremien mitbestimmen können. Ein gewähltes AG-Mitglied je Bundesland vertritt uns in der Mitgliederversammlung, bringt unsere Vorschläge ein und kann auch selbst in andere Plan-Gremien gewählt werden. Werner Bauch begründete diese Neuerungen: „Ohne das Engagement dieser Gruppen mit Patinnen und Paten wäre der Erfolg von Plan Deutschland nicht denkbar.“
Die positiven Erfahrungen mit den Aktionsgruppen ermutigten den Vorstand, Schul- und Klassenpatenschaften anzuregen. Heute gibt es rund 750 Schulklassen und Schulen in Deutschland, die eine Patenschaft übernommen haben und dank Briefwechsel und Plan-Informationen Einblicke in Kultur und Lebenswelt von Kindern weltweit erhalten.
1997 bat mich der Vorstand - Werner Bauch war gerade zum Vorsitzenden gewählt worden - Ombudsfrau zu werden. Als eine Art „go-between“ vermittelte ich zwischen Pat:innen und der Organisation. Denn trotz aller Bemühungen bleibt es nicht aus, dass einige unzufrieden sind: Wenn die Patenkinder zum Beispiel nicht auf gestellte Fragen antworten oder Briefe „ewig“ brauchen. Mein Vermittlungsangebot wurde so intensiv wahrgenommen, dass ich die Anrufe im Urlaub sogar auf mein Handy weiterleitete. Ich war seit kurzem pensioniert und hatte Zeit, die Ärgernisse und manchmal auch die Begeisterung von Pat:innen anzuhören und zu klären. Inzwischen ist dieses Ehrenamt eine Institution. Auch heute noch vermittelt die Ombudsfrau bei Konflikten zwischen Pat:innen und dem Verein. Und es war bisher immer eine Frau!