Tobias, Warum wurde dieses Projekt in Laos ins Leben gerufen?
Die Projekt-Region, um die es hier geht, ist sehr entlegen. Bis vor einigen Jahren hatten die Menschen in den weit verstreut liegenden Dörfern kaum Kontakt zur Außenwelt. Manche Dörfer sind viele Stunden Fahrzeit von der nächstgrößeren Kleinstadt entfernt. Moderne Anbauhilfen wie Trecker oder kommerzielle Düngemittel gibt es hier nur selten. Auch verkaufen die Bauern ihre Produkte nicht direkt auf Märkten, sondern geben sie an Zwischenhändler, die zu ihnen kommen und die Waren abholen. In den letzten Jahren gibt es immer häufiger Dürreperioden, das Wetter ist keine vorhersehbare Konstante mehr. In der Trockenzeit fällt manchmal gar kein Regen und die Böden dörren aus. Ist die Regenzeit da, schüttet es sintflutartig, die erodierten Böden werden überflutet und es kommt zu Schlammlawinen und verschütteten Straßen.
Welche Konsequenzen haben diese veränderten Klimabedingungen das für das Leben der Menschen in den Projektdörfern?
Ihre Ernten werden immer kleiner, es reicht nicht mehr zum Überleben. Die Männer gehen deshalb saisonweise zum Arbeiten auf große chinesische Plantagen. Investoren haben in den vergangenen Jahren in der gesamten Provinz Bokeo Land von lokalen Bauern gekauft oder gemietet, um dort große Bananen- und Wassermelonenplantagen zu betreiben. Die Arbeitsbedingungen sind nicht gut, es wird dort zum Beispiel mit giftigen Chemikalien gearbeitet.
Wie genau soll das Plan-Projekt den laotischen Bauern helfen, unabhängig und klimaresistenter zu werden?
Unser vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziertes Projekt verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen die Menschen ihre Produkte selbst verkaufen können, ohne Zwischenhändler, so verdienen sie deutlich mehr. Dazu lernen sie, eine eigene Marktstrategie zu entwickeln. Außerdem zeigen wir ihnen innovative Anbaumethoden, damit sie trotz veränderter klimatischer Bedingungen eine gute Ernte einfahren können. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass einige traditionelle Methoden angesichts der veränderten klimatischen Bedingungen nicht mehr funktionieren. Wir arbeiten bei der Projektumsetzung sehr eng mit unserem lokalen Partner MHP und der lokalen Landwirtschaftsbehörde zusammen. Dadurch stärken wir lokale Kapazitäten und ermöglichen eine langfristige Fortführung des Projektansatzes in der Region.
Wovon haben denn die Menschen bisher gelebt?
Wie gesagt, die Laoten dieser Region leben extrem abgelegen. Vor allem die Frauen sammeln Palmfrüchte, Ginstergras, wilden Kardamom und indische Stachelbeeren für den Eigenbedarf. Das ist ein unfassbar großer Aufwand für wenig Ertrag, und der ist auch mit Gefahren zum Beispiel durch die langen Wege verbunden. Unser Projekt soll helfen, dass Besengras oder die indische Stachelbeere, die vormals nur gesammelt wurden, in Zukunft effektiver auf eigenen Äckern angebaut werden. Das mag als sehr simple, rudimentäre Innovation betrachtet werden, macht aber einen großen Unterschied. Ein anderes Beispiel: Bislang grasen die Rinder wild in der Umgebung und bleiben deshalb vor allem in den Dürrezeiten mager. Das Vieh wird nicht gezielt gefüttert, dadurch hat das Fleisch keine gute Qualität. Wir wollen dabei helfen, dass die Bauern Rinderzucht betreiben und das Fleisch dann verkaufen können. Die Familien bekommen deshalb von uns Saatgut für Grasweideflächen, wo die Rinder grasen können. Sie lernen außerdem, Weiden für ihr Vieh eingrenzen.
„Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass einige traditionelle Methoden angesichts der veränderten klimatischen Bedingungen nicht mehr funktionieren.“
Warum haben die Menschen das nicht schon vorher so gemacht?
Das Marktpotenzial war nicht da und es fehlte auch ein Konzept davon, dass man etwas anbauen kann, was nachfragt wird. Es gab einfach keine Verbindung zwischen dem Markt und denen, die weit entfernt produzierten. Zum Teil wurden auch illegale Gebühren auf den Handelswegen erhoben. Deshalb haben die Bauern ihre Produkte, wenn sie denn etwas übrighatten, lieber an die Zwischenhändler gegeben. Das hat auch funktioniert. Allerdings bekommen die Bauern so natürlich schlechtere Preise und gleichzeitig lassen Klimaextreme die Ernten immer kleiner werden. Wir wollen den Farmern deshalb zeigen, welche Produkte sich unter diesen Bedingungen gut anbauen lassen. Parallel lernen sie den Markt kennen, damit sie entscheiden, was sie aus unserem Angebot übernehmen möchten.
Was sind Bespiele für eine Anpassung des Anbaus an das veränderte Klima?
Zum Bespiel Reis, das Grundnahrungsmittel in Laos. Traditionell werden vorgezogene Reispflanzen auf unter Wasser stehenden Feldern eingesetzt. Man kann aber die Reissamen auch in den trockenen Boden einsetzen und dann erst wässern. Das ist wesentlich wassersparender, weil man die Pflanzen nicht vorher anziehen muss. Reduziert also Arbeitsaufwand und Kosten. Auch ist die Anbaumethode klimaresistenter, weil vorgezogene Pflanzen durch Dürren leicht eingehen. Bei Trockenreisanbau verlieren Bauern im schlimmsten Fall nur das Saatgut und nicht die ganze Ernte.
Nein, unser Ziel ist es, den Frauen und Männern die Gelegenheit zu geben, den Markt kennenzulernen und dann sollen sie selbst entscheiden, was zu ihnen passt. Dazu wird es Trainings vor allem für Frauen geben, damit sie sich in Gruppen oder Kooperativen zusammentun und die Produkte gemeinsam verkaufen. So kann eine bessere Position gegenüber dem Händler entwickelt werden. Es geht erst mal darum, Menschen zu finden, die neugierig sind, etwas Neues auszuprobieren. Wenn sich das dann als gut erweist, wird sich das schnell herumsprechen und mehr Menschen werden sich dem anschließen, sodass wir Wirkung weit über die Projektlaufzeit erzielen.