„Ich kämpfe dafür, völlig unabhängig zu werden“, sagt Aurinda selbstbewusst. „Und ich habe vor, eine bessere Zukunft für unsere Familie zu sichern.“ Was eigentlich nach einem selbstverständlichen Lebensentwurf klingt, stellt im westafrikanischen Benin auch und gerade für junge Menschen eine große Herausforderung dar. Fast 65 Prozent der Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt. Armut, Arbeitslosigkeit und hohe Lebenshaltungskosten veranlassen junge Menschen zunehmend zur Abwanderung in die Nachbarländer. Und wer bleibt, hat oft schlecht bezahlte Jobs, mit denen weder das eigene noch das Leben der Familien gesichert werden kann.
Die heute 17-jährige Aurinda hatte mehr Glück. Sie konnte sich eine Lehrstelle in einer Nähwerkstatt sichern – und absolviert seitdem eine Ausbildung als Schneiderin. „Das war anfangs mühsam, weil ich oft losging, ohne genug zu essen zu haben.“
„Ich ich habe vor, eine bessere Zukunft für unsere Familie zu sichern.“
Als ihr ein Jahr später eine Ausbildung zur Hühnerzucht angeboten wurde, sagte Aurinda sofort zu. „Mein Bruder hatte ebenfalls an einem Hühnerzuchtkurs teilgenommen“, sagt die junge Frau – in der Hoffnung, gemeinsam das Einkommen ihrer Familie aufbessern, zusätzliche Kaufkraft für den täglichen Bedarf schaffen und mehr Kapazitäten für die laufende Ausbildung als Näherin haben zu können.
„Ich wurde ausgewählt, um an dem Schulungskurs zur Hühnerzucht teilzunehmen“, erzählt Aurinda strahlend. Zwei Monate später und mithilfe kleiner Investitionen ihres älteren Bruders begannen die Geschwister tatsächlich mit ihrer eigenen Aufzucht. Bevor Aurinda morgens in die Nähwerkstatt geht, füttert sie nun die Küken und versorgt den Stall. Nach ein paar Wochen hatten die beiden mit dem Verkauf von 55 Hühnern bereits ihr erstes Einkommen erwirtschaftet, dadurch unter anderem ihr Angebot erweitert und Aurinda bestreitet ihren Lebensunterhalt mittlerweile selbst. „Ich bin beeindruckt, wie ernst meine Tochter ihre Aufgaben nimmt“, sagt Aurindas Mutter.
„Wir haben jetzt 80 Hühner, von denen 56 mir gehören“, erzählt Aurinda. „Ich bin mir sicher, dass ich dank dieses zweiten Geschäftszweigs meine Nähausbildung abschließen kann. Ich habe bereits meine Ausbildungsgebühr für dieses Jahr bei der Schneidereiwerkstatt bezahlt. Denn immer mehr Leute kaufen unsere Hühner und reservieren sogar Vögel gegen Anzahlung.“
Dass das Geschäft derart floriert, mag auch mit Aurindas neuestem Coup zu tun haben: Bei einer Fortbildung für E-Commerce, Marketing sowie Finanz- und Verwaltungsmanagement sammelte sie neue Erfahrungen – und startete unlängst ihre eigene Online-Werbung für die Hühnerzucht. Hunderte neue Interessierte wurden dadurch auf sie aufmerksam. Das regionale Projekt „Sahel Women's Empowerment and Demographic Dividend“ (SWEDD, Frauenförderung und demografische Dividende im Sahel), das von Plan International in Benin durchgeführt und von den Vereinten Nationen sowie der Weltbank finanziell unterstützt wird, hat daran einen Anteil.
„Immer mehr Leute kaufen unsere Hühner und reservieren sogar Vögel gegen Anzahlung.“
„Ich kämpfe dafür, völlig unabhängig zu werden.“
Das Projekt zielt darauf ab, in 77 Gemeinden im zentralen Département Zou von Benin die Geschlechterungleichheit zu verringern sowie Frauen und heranwachsende Mädchen beruflich zu stärken. 1.200 junge Frauen bis 24 Jahre werden dabei unterstützt, eine Ausbildung zu absolvieren und eine fair bezahlte Arbeit zu finden. Für Aurinda hat das Projekt ihr Leben grundlegend verändert, denn sie bekommt gleichzeitig Wissen über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte vermittelt – wichtige Hintergründe beim Thema Familienplanung. „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich eines Tages mit meiner Tochter über Sex sprechen würde“, stellt Aurindas Mutter fest.
Aurinda selbst hat sich längst schon neue Ziele gesetzt: „Ich habe vor, in Zukunft andere Mädchen in der Tierhaltung auszubilden. Ich zweifle nicht an meiner Fähigkeit“, sagt Aurinda selbstbewusst. „Ich kämpfe dafür, völlig unabhängig zu werden.“
Der Artikel wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Benin erstellt.