Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 bekommen etwa 40% der Mädchen in Sierra Leone ihr erstes Kind noch vor ihrem 18. Geburtstag. Ein Grund dafür ist die schlechte Stellung von Mädchen und Frauen in dem Land. Sie werden oft immer noch als Menschen zweiter Klasse angesehen und dadurch vielfach benachteiligt: Sie haben häufig schlechtere Chancen und schlechteren Zugang zu Bildung, Nahrung, Hygiene, Wasser oder auch zu menschenwürdiger, bezahlter Arbeit. Dadurch sind sie auch stärker von Armut betroffen und können ihr Leben oft nicht selbstbestimmt führen.
Das weiß die 20-jährige Journalistin Isatu genau und setzt sich deshalb leidenschaftlich für die Rechte von Mädchen und jungen Frauen ein – insbesondere für die, die aufgrund früher Schwangerschaften die Schule verlassen mussten. „Ich möchte ihr Leben ändern, indem ich ihre Denkweise ändere”, sagt die Feministin.
Isatu hat schon einige Erfahrungen als Lobbyistin und Aktivistin gemacht. Sie ist die Vorsitzende des Netzwerkverbundes „Mirror Africa“, eine Organisation, die sich für die Rechte von Mädchen und jungen Frauen einsetzt. Darüber hinaus ist sie als Reporterin eines Radiosenders in einer guten Position, um wichtige Themen in ihrer Gemeinde zu beeinflussen.
„Ich möchte ihr Leben ändern, indem ich ihre Denkweise ändere.“
Gemeinsam mit anderen jungen Menschen in ihrer Netzwerkgruppe geht Isatu aber auch regelmäßig von Tür zu Tür, um Menschen auf die Wichtigkeit von Bildung für Mädchen aufmerksam zu machen. Sie erklärt, dass Mädchen nur eine faire Chance auf dem Arbeitsmarkt erhalten, wenn sie gebildet sind. Manchmal stößt sie dabei auf Widerstand.
„Manche Menschen verstehen nicht, wie jemand mit Kopftuch eine Feministin sein kann. Sie fragen mich, wie ich meine Überzeugung, dass die Rolle von jungen Frauen gestärkt werden muss, mit den Lehren des Islams, dass Mädchen verheiratet werden sollten, sobald sie ihre Periode bekommen, in Einklang bringen kann. Als Antwort erkläre ich, dass ich neben meinem Glauben auch ein Ziel in meinem Leben habe. Ich möchte anderen Mädchen zeigen, dass auch sie etwas aus ihrem Leben machen können.“
Eines von Isatus Hauptzielen ist es, die hohe Anzahl an Teenagerschwangerschaften und Kinder-, Früh- und Zwangsheiraten in ihrem Land zu reduzieren. Sie möchte auch, dass Mädchen dieselben Möglichkeiten und dieselbe Behandlung wie Jungen erhalten: „Mädchen müssen über ihre eigene Zukunft entscheiden können, dieselben Rechte erhalten und sollen nicht mehr diskriminiert werden.“
„Diese Mädchen müssen an sich selbst glauben und stark sein.“
Das hat sie selbst in einem der Trainingsseminare der Girls Advocacy Alliance gelernt, einer Kooperation von Plan International, Defence for Children, ECPAT1, Terre des Hommes und dem niederländischen Außenministerium. Die Gruppe setzt sich für die Rechte von Mädchen ein und gegen Probleme, die die Leben und die Freiheit der Mädchen einschränken, wie Kinderheirat, weibliche Genitalverstümmelung, sexuelle Gewalt und Teenager-Schwangerschaften.
Isatu plant, einen sicheren Ort zu schaffen, an dem schwangere Mädchen und junge Mütter zusammenkommen können und sich über die Probleme austauschen können, die sie zu Hause, in der Schule oder in ihren Gemeinden haben. „Dank der Sicherheit dieser Plattform werden sie offen sagen können, was sie belastet. Ich kann ihnen helfen, Lösungen zu finden und sie dabei unterstützen, sich ein gutes Leben aufzubauen. Ich will sie auch davon überzeugen, dass das Leben nicht all seinen Wert verloren hat, wenn man als Jugendliche Mutter wird. Diese Mädchen müssen an sich selbst glauben und stark sein.“
1ECPAT steht für „End Child Prostitution, Child Pornography & Trafficking of Children for Sexual Purposes” (dt. etwa: „Kinderprostitution, Kinderpornographie und Handel von Kindern für sexuelle Zwecke beenden“) und ist ein internationales Netzwerk zum Schutz von Kindern gegen sexuelle Ausbeutung.