Vor zwei Jahren sah die 15-jährige Loveness ein Poster des „Champions of Change“-Programms von Plan International in ihrer Schule. Darauf stand, dass es keinen Unterschied zwischen der Arbeit von Männern und der Arbeit von Frauen gäbe.
Loveness erschien diese Botschaft sofort richtig und wichtig, denn auch sie hatte bis dahin immer die Erfahrung gemacht, dass sehr wohl ein Unterschied zwischen Frauen- und Männerarbeit gemacht wurde: Im Gegensatz zu ihren vier Brüdern musste sie die Verantwortung für die meisten Hausarbeiten übernehmen – einfach, weil diese als Frauenarbeit angesehen wurden. Das machte es ihr manchmal sehr schwer, ihre Hausaufgaben für die Schule zu erledigen.
„Als ich meine Brüder damit konfrontierte, wollten sie nicht zuhören”, sagt Loveness. „Sie sahen keinen Grund, die Arbeiten, die im Haushalt anfallen, neu zu verteilen. Später brachte ich Lucy, die Leiterin unserer „Champions of Change“-Gruppe, in die ich eingetreten bin, als Unterstützung mit. Wir erklärten meinen Brüdern, dass ich mehr Zeit bräuchte, um meine Hausaufgaben zu machen, damit ich in der Schule erfolgreich sein könne. Lucy sagte ihnen, dass es für sie keinen Grund gäbe, als ‚Frauenarbeit‘ angesehene Arbeit nicht zu tun. Es würde sie nicht krank machen oder bedeuten, dass sie verrückt wären.“
„Jetzt tun mein Brüder ihr Bestes und helfen zum Beispiel beim Wasserholen und passen sogar auf die kleinen Kinder auf.“
„Meine Brüder waren sich dessen vorher nicht bewusst. Aber als Lucy vorschlug, dass ich auch dabei helfen könnte ‚Männerarbeit‘ zu erledigen, wie Bäume zu fällen, stimmten meine Brüder zu. Jetzt tun sie ihr Bestes und helfen zum Beispiel beim Wasserholen und passen sogar auf die kleinen Kinder auf! Ich bin sehr stolz auf sie“, sagt Loveness.
Die „Champions of Change“-Gruppe trifft sich jeden Mittwochnachmittag und jeden Samstag. Die Diskussionsleiterin Lucy besucht selbst noch die weiterführende Schule. Sie macht „ihren Mädchen“ deutlich, dass Jungen und Mädchen dieselben Rechte haben und dass Mädchen für ihre Rechte eintreten können sollten.
Das ist aber nicht das Einzige, das Lucy bei den Gruppentreffen vermittelt. Sie wird nicht müde zu betonen, wie wichtig es ist, dass alle Mädchen die Schule beenden und ihre Bildung abschließen müssen, bevor sie Kinder bekommen. Dazu gibt sie der Gruppe viele Informationen darüber, wie man Schwangerschaften verhindern kann.
Damit Lucy ihre Gruppe sexuell aufklären kann, wird sie selbst auch von Plan ausgebildet und mit solchen Informationen ausgestattet. Während einiger Trainingswochenenden wird älteren Jugendlichen wie Lucy auch beigebracht, wie sie bei den Treffen Debatten moderieren. Solche Gruppen wie Lucy sie für „ihre Mädchen“ leitet, gibt es auch für Jungen.
Wenngleich die Informationsversorgung im Vordergrund steht, kommt auch der Spaß bei den „Champions of Change“-Gruppen nicht zu kurz. Loveness ist überzeugt davon, dass viele Jugendliche vor allem wegen des Sportspiels am Ende der Treffen teilnehmen. Solche Möglichkeiten sind sehr selten in Machinga.
Die Idee ist, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Gelernte mit anderen teilen, sodass letztendlich die Einstellung vieler Menschen geändert werden kann. Obwohl sie selbst erst 15 Jahre alt ist, nimmt Loveness ihre Rolle als „Champion of Change“ – als Botschafterin für Gleichberechtigung – sehr ernst.
„Vor Kurzem ist eine meiner Mitschülerinnen plötzlich nicht mehr zur Schule gekommen”, sagt sie. „Ich habe sie sofort besucht und sie sagte, dass sie die Schule abbrechen musste, weil sie alleine für alle Hausarbeiten zuständig war. Lucy und ich sprachen daraufhin mit ihren Eltern und erklärten ihnen, dass sie, wenn sie die Schule nicht abschließen würde, weniger Möglichkeiten hätte. Jetzt kommt sie nicht nur wieder zur Schule, sondern nimmt auch an dem ‚Champions of Change‘-Programm teil!“
„Ich kann selbst entscheiden, wie viele Kinder ich bekommen möchte.“
Die 16-Jährige Gertrude ist auch eine der Teilnehmerinnen der „Champions of Change“-Gruppe. „Wir führen Theaterstücke auf und das ganze Dorf guckt uns zu – hundert Menschen, manchmal mehr. Es macht mir viel Spaß aufzutreten und es war fantastisch, vor einem so großen Publikum zu spielen. Das war mein erstes Mal und ich habe die Rolle eines Mädchens gespielt, das schwanger war und zurück zur Schule gekommen ist, nachdem sie das Baby bekommen hatte. Das Publikum war ganz gebannt, weil sie nicht wussten, dass so etwas möglich wäre.“
Wie Loveness besucht Gertrude Mädchen zu Hause, die die Schule abgebrochen haben. „Meistens kommen die Mädchen nicht mehr zur Schule, weil sie schwanger sind oder schon ein Baby bekommen haben. Ich nehme noch nicht so lange an der Gruppe teil, aber bis jetzt konnten wir alle Mädchen, die wir besucht haben, dazu bewegen, wieder zur Schule zu gehen“, erklärt sie.
Mit einem breiten Lächeln gesteht Gertrude, dass sie am liebsten das Korbballspiel am Ende des Treffens mag. „Aber mir gefällt auch, was wir lernen. Manche der Sachen, die wir in dem Programm lernen, wurden uns bereits in der Schule erklärt, zum Beispiel der richtige Gebrauch von Kondomen. Aber in der Schule können wir keine Songtexte schreiben, wie bei ‚Champions of Change‘. Kürzlich haben wir alle ein Lied geschrieben, in dem wir erklären, warum es wichtig ist, die Schule abzuschließen. Aber für mich ist das Wichtigste, zu wissen, dass ich das Recht habe, selbst zu entscheiden, wie viele Kinder ich bekommen möchte und mit wem.“