Die Macht der Stimme

Foto: Geoffrey Buta

Weil sie unehelich ein Kind bekam, galt Nimaatu in ihrer Gemeinde als Schande für ihre Familie. Einst ausgeschlossen, nutzt sie heute ihre Stimme, um das Stigma gegenüber alleinerziehenden jungen Müttern in ihrer Heimat Ghana zu beenden.

Sie wurde ihrer Stimme beraubt: Als Nimaatu schwanger war und der Vater des Kindes sich aus der Verantwortung zog, warf ihr eigener Vater sie aus dem Haus – weil sie als unverheiratete Schwangere eine Schande für die Familie sei. „Ab diesem Zeitpunkt wurde ich nicht mehr gefragt, wenn Entscheidungen in meinem Namen getroffen wurden“, erzählt Nimaatu. „Für Frauen wie mich gab es in unserer Gemeinde einen bestimmten Platz. Uns wurde gesagt, dass wir uns nicht unter die anderen Frauen mischen durften – die Frauen, die verheiratet und ‚rechtschaffen‘ waren.“

„Ich hatte mein Selbstvertrauen verloren und hatte Angst, in der Öffentlichkeit schikaniert und beschimpft zu werden.“

Nimaatu (19), wurde als alleinerziehende Mutter gesellschaftlich ausgeschlossen

Die heute 19-Jährige zog in eine leere Hütte hinter dem Haus der Familie, in der Yamswurzeln von der Farm ihres Vaters gelagert wurden. „In dieser Hütte brachte ich meinen Sohn zur Welt“, sagt Nimaatu. Nach der Geburt wurde die junge Mutter von ihrer Familie wie eine Hausangestellte behandelt: Sie musste alle Arbeiten im Haushalt und auf dem Hof erledigen. Während sie sich auf die anstrengende Arbeit vorbereitete, hörte Nimaatu gern Radio – und eines Tages kam dort eine spannende Durchsage: „Es hieß, dass sie für ein neues Projekt junge Frauen suchten, die an einer Ausbildung interessiert waren. Sie suchten nicht nur Schulabsolventinnen, sondern jede konnte sich anmelden“, erzählt Nimaatu, die die Schule schon vor ihrer Schwangerschaft abgebrochen hatte, weil sie mit dem Lernen nicht hinterherkam und sich schämte.

Mit dem Wunsch, etwas an ihrer Situation zu ändern, meldete die junge Mutter ihr Interesse an dem Projekt „Pathways for Sustainable Employment for Women and Youth“ (PASEWAY) an, das von Plan International in ihrer Region im Norden von Ghana durchgeführt und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert wird. Es vermittelt jungen Menschen technische und soziale berufliche Fähigkeiten und erleichtert Frauen wie Nimaatu die Teilnahme – denn ihre Kinder dürfen zu den Kursen mitgebracht werden.

Eine Frau sitzt in einem Radiostudio und spricht mit drei weiteren Personen
Ihre Idee für eine Radiosendung konnte Nimaatu erfolgreich bei ihrem örtlichen Sender platzieren. Geoffrey Buta

Wie Nimaatu ihre Stimme wiederfand und damit jetzt Veränderung bewirkt

Ein Jahr lang konnte Nimaatu in diesen Kursen ihr Wissen erweitern und ihre Stärke zurückgewinnen. „Ich hatte mein ganzes Selbstvertrauen verloren. Ich blieb mit meinem Sohn in meiner Hütte, weil ich Angst hatte, in der Öffentlichkeit schikaniert und beschimpft zu werden“, erzählt die 19-Jährige. Nachdem sie den Kurs erfolgreich absolviert hatte, war ihr jedoch klar, dass sie nicht länger zum Schweigen gezwungen sein will. „Mit dem, was ich hier gelernt habe, ist mein Selbstvertrauen gestiegen und ich fühle mich herausgefordert, meine Stimme zu nutzen und mich für unverheiratete Mütter einzusetzen, damit auch sie für ihre Rechte eintreten können.“

Nimaatu erarbeitete gemeinsam mit dem PASEWAY-Projektteam einen Vorschlag für eine Radiosendung und bewarb sich damit um einen Sendeplatz beim örtliche staatlichen Sender. Ihre 30-minütige Show wird seitdem jeden Dienstagnachmittag auf Savannah Radio ausgestrahlt. „Ich bin stolz darauf, wie weit ich gekommen bin“, sagt die 19-Jährige. „Ich habe sehr an mir gezweifelt und wollte nach meinem ersten Tag beim Radio eigentlich schon wieder aufgeben. Aber das Team des PASEWAY-Projekts hat mich bestärkt – sie hören sich meine Sendung immer an und geben mir Feedback.“

Mädchen gezielt helfen

Wir von Plan International engagieren uns für den Schutz, die Bildung, die politische Teilhabe, die Gesundheit und die Einkommenssicherung von Mädchen und jungen Frauen. Unser Mädchen-Fonds leistet einen wichtigen Beitrag zur Beseitigung von Benachteiligung, Armut und Gewalt. Mit Ihrer Spende können wir zum Beispiel Projekte zum Schutz vor sexueller Gewalt und Ausbeutung, zur Einkommenssicherung sowie für gleichberechtigte, gesellschaftliche Teilhabe und Zugang zur Schulbildung umsetzen, damit Mädchen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben erhalten.

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Eine junge Frau sitzt in einem Radiostudio und spricht in ein Mikrofon
Nimaatu gibt mit ihrer Sendung unverheirateten Müttern eine Stimme. Geoffrey Buta

Nimaatu spricht in ihrer Sendung in ihrem lokalen Dialekt. Ihr Ziel: so viele Menschen wie möglich erreichen, um dafür zu werben, unverheiratete Mütter besser zu behandeln und die Scham und das Stigma, das Alleinerziehende in Ghana umgibt, zu beenden. Und ihre Bemühungen zahlen sich aus: Ihre Familie, Freund:innen und Nachbar:innen haben ihren Blick auf Nimaatu bereits verändert. „Die Menschen in meiner Gemeinde, die zuvor auf mich herabgesehen haben, wollen jetzt mit mir zu tun haben, weil sie meine Stimme im Radio hören. Mütter kommen zu mir und bitten mich, mit ihren Töchtern zu sprechen und ihnen Ratschläge zu geben“, erzählt die 19-Jährige. „Manchmal möchte ich mich selbst kneifen, um sicherzugehen, dass ich nicht träume. Dank Plan International hat sich meine Situation wirklich verändert und ich bin darüber so glücklich.“

Nimaatus Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Ghana erstellt.

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