Als sie gerade drei Jahre alt ist, schicken ihre Eltern Barahatou zu ihrer Großmutter, weil sie nicht für sie sorgen können. Mit neun Jahren muss die heute 18-Jährige die Schule verlassen, um ihrer Großmutter im Haushalt zu helfen. So geht es vielen Mädchen in Niger: Oftmals entscheiden sich die Eltern – oder wie in Barahatous Fall Großeltern – dafür, ihre Töchter zu Hause zu behalten, damit sie sich um die Hausarbeit kümmern, ihre Söhne hingegen schicken sie in die Schule.
Da es kaum Aufklärung über Sexualität gibt, hat Niger zudem eine der höchsten Raten an Teenagerschwangerschaften weltweit: 20 Prozent der Mütter bekommen ihr Kind, bevor sie 20 Jahre alt sind. Wegen der Sorge, ihre Töchter könnten früh und unehelich schwanger werden, entscheiden sich viele Eltern dazu, sie schon in jungen Jahren zu verheiraten. Neben fehlender Sexualerziehung sind auch mangelnde elterliche Fürsorge, Gruppendruck, niedriges Bildungsniveau und Armut, die zu früher Heirat führt, die Hauptursachen für Teenagerschwangerschaften in Niger.
Laut einem Bericht des International Development Research Center (IDRC) sind 57 Prozent der Mädchen in Niger sexuell aktiv, bevor sie 18 sind. 76 Prozent heiraten vor ihrem 19. Lebensjahr. Außerdem geht aus dem Bericht hervor, dass 34 Prozent der Todesfälle bei Mädchen unter 19 Jahren auf frühe Schwangerschaften zurückzuführen sind. „In Maradi ist es ein Tabu, über sexuelle und reproduktive Gesundheit zu sprechen. Viele Mädchen wie ich haben keine Informationen über Sex und dürfen keine Entscheidungen über den eigenen Körper treffen, außer sich schön zu machen“, berichtet Barahatou. „Ohne Wissen fällt es uns schwer, uns zu informieren und unsere Rechte zu verstehen.“
Das Projekt „Break Free!“ (etwa: Befreie dich!) von Plan International arbeitet mit Jugendlichen zusammen, um sie darin zu unterstützen, freie und informierte Entscheidungen über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit zu treffen und so Teenagerschwangerschaften sowie Kinder-, Früh- und Zwangsehen zu bekämpfen. In den Trainings lernen die Mädchen etwas über ihre sexuellen und reproduktiven Rechte, über die Gleichstellung der Geschlechter und über ihre Möglichkeiten, sich für andere einzusetzen. Sie werden auch ermutigt, das Gelernte mit ihren Freund:innen zu teilen.
„Dank der Aufklärung durch Plan International kenne ich meine Rechte und weiß, wie verschiedene Geschlechtskrankheiten, darunter auch HIV, übertragen werden“, sagt Barahatou. Mithilfe von Mitarbeiter:innen des „Break free“-Projekts kann die 18-Jährige auch ihre Großmutter davon überzeugen, wie wichtig Vorsorge im Bereich der sexuellen Gesundheit ist. „Als ich in ein Gesundheitszentrum gehen wollte, musste ich mir erst ihre Erlaubnis einholen – doch sie weigerte sich“, so Barahatou. „Doch inzwischen hat sie gelernt, wie wichtig es für mich ist, dorthin gehen zu können. Heute kann ich es, ohne sie um Erlaubnis zu fragen. Ich suche Rat im Gesundheitszentrum, wenn beispielsweise meine Periode länger als fünf Tage dauert.“
Durch die Stärkung des Wissens und der Fähigkeiten der Jugendlichen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit können sie eine aktive Rolle in ihrer eigenen Entwicklung spielen. Außerdem werden durch das Projekt die Kapazitäten der Gesundheitszentren gestärkt, damit sie qualitativ hochwertige Gesundheitsdienste anbieten können, die den Bedürfnissen der Jugendlichen gerecht werden.
Der Artikel wurde mit Material aus dem nigrischen Plan-Büro erstellt.